Sonnenschirme, Liegestühle, grüne Hochbeete: Dass es sich bei dem rund 20.000 Quadratmeter großen Grundstück der Caritas an der Hiltenspergerstraße in München eigentlich um eine Baugrube handelt, ist im Moment nur auf den zweiten Blick zu erkennen. Der Biergarten "Kosmos unter Null" hat sich hier seit März angesiedelt - und das hat sich schnell herumgesprochen. Bei gutem Wetter ist es hier ab 14 Uhr schon gut gefüllt.
Konzept der "Niedrigschwelligen Gastronomie"
Vier Jahre lang lag das Grundstück brach, bis Florian Schönhofer es für seine Pläne entdeckte. Der Gastronom ist in München bekannt. Sein "Café Kosmos" am Hauptbahnhof ist längst eine Institution im Münchner Nachtleben. Und nachdem sein Alkoholfrei-Biergarten-Projekt "Die Null" im Sommer 2024 auslief - suchte Florian Schönhofer einen Ort zum Weiterziehen. Die Baugrube der Caritas kam wie gerufen. Hier sah er den richtigen Ort für sein Konzept der "niedrigschwelligen" Gastronomie, wie er es nennt: Simple Ausstattung, selbstgebaute Holz-Hütten, wenig Personal und eine überschaubare Speisekarte. Nur so könne er besonders günstige Preise anbieten: 1,30 Euro für einen viertel Liter Bier, 3,80 Euro für ein Spritz.
"Wenn ich so niedrigschwellig arbeite, ermögliche ich da natürlich auch so eine Art gesellschaftliche Teilhabe für Leute, die es sich sonst nicht leisten können." Am Ende des Tages habe es aber immer gereicht, die Löhne seiner Mitarbeiter und die Lieferanten zu bezahlen, so Schönhofer. Ihm ginge es nicht darum, etwa ein dickeres Auto zu fahren oder das Maximale an Geld herauszuholen.
Ausgehen für viele Münchner nicht mehr selbstverständlich
Er wisse aus eigener Erfahrung, wie es ist, wenn das Geld mal nicht so locker sitzt, erzählt der Gastronom. Schon mit 21 wurde er Vater. Das Geld, das er damals als Fotograf verdiente, habe nicht mehr ausgereicht. Er jobbte in der Münchner Gastronomie und dann nahmen die Dinge ihren Lauf: 2007 gründete er das Café Kosmos.
Für viele seiner Gäste ist Ausgehen heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr: "Auf die Preise wird schon geachtet, gerade in der heutigen Zeit ist ja doch alles ziemlich teuer geworden", sagt etwa Lukas Paulsen. "Wir achten schon darauf, wo wir hingehen, weil die Preise in manchen Bars echt zu hoch sind, vom Gefühl her", bestätigt Sebastian Paune. Dass es sich dabei nicht nur um ein Gefühl handelt, belegen die Daten des Statistischen Bundesamtes: Demnach sind die Preise von alkoholischen Getränken seit 2020 um 27,4 Prozent gestiegen, die von Hauptspeisen sogar um 33,4 Prozent.
Hühner und Hochbeete: Vom Biergarten zum Stadtgarten
Das "Kosmos unter Null" soll aber nicht nur Biergarten sein, sondern auch Stadtgarten: Überall verteilt gibt es Hochbeete, die können Anwohner mieten und unabhängig von den Öffnungszeiten des Biergartens nutzen. Neu-Kleingärnter Andreas Schäfer hat bereits zugeschlagen: "Ich hab sowas noch nie gemacht. Ich freu’ mich jeden Nachmittag, wenn ich hier einfach zu meinem Beet kommen kann. Ich hätte auch nicht gedacht, wie gut das tut, die Hände in die Erde zu stecken", schwärmt er.
In einer ruhigeren Ecke befindet sich sogar ein Hühnerstall mit Auslauf. Die Hühner wurden aus Legebatterien gerettet. Jedes Huhn hat einen Paten. In einer WhatsApp-Gruppe sprechen sich die Paten ab, wer wann den Stall ausmistet und den Hühnern Futter und frisches Wasser hinstellt: "Das ist tatsächlich super schön, die Kinder freuen sich, es gibt dann morgens ein warmes Ei und das macht Spaß", sagt Florian Schönhofer
"Wanderzirkus" - Dauer des Projekts unklar
Wie lange es das "Kosmos unter Null" noch gibt, hängt auch von der Immobilien-Krise ab. Sobald sich Bauen wieder lohnt, könnte die Caritas das auf Eis gelegte Bauprojekt wieder starten. Dann muss Florian Schönhofer mit seinem Wanderzirkus weiterziehen, wie er es nennt.
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