Am Vatertag sind inzwischen immer weniger Männergruppen mit Bollerwagen unterwegs
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Am Vatertag sind inzwischen immer weniger Männergruppen mit Bollerwagen unterwegs

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Christi Himmelfahrt oder Vatertag? Hauptsache Freizeit!

An Christi Himmelfahrt haben sich über die Jahrhunderte viele weltliche Bräuche entwickelt. Etwa der Vatertag. Doch Forscher beobachten: Bei vielen Menschen spielt heute etwas anderes als Glaube oder Vatertagstradition die Hauptrolle: Familienzeit.

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Genau 40 Tage nach Ostern feiern Christen das Fest Christi Himmelfahrt. Laut biblischer Apostelgeschichte soll Jesus vor den Augen seiner Jünger in den Himmel emporgehoben, von einer Wolke aufgenommen worden und damit in die - wie es heißt - "göttliche Herrlichkeit eingetreten" sein. Um das zu veranschaulichen, wurden und werden in einigen Kirchen Süddeutschlands und Österreichs Christusfiguren an einem Seil durch ein Loch im Kirchendach nach oben gezogen.

Christlicher Feiertag mit schwer greifbarer Botschaft

Für die Bamberger Kulturwissenschaftlerin Heidrun Alzheimer ist Christi Himmelfahrt ein "schwer begreifbarer" christlicher Feiertag. "Was sehr schwierig ist, dass jemand, der als Mensch auf Erden war und gestorben ist, jetzt plötzlich im Jenseits leibhaftig weiterleben soll", sagt sie. Mit der Himmelfahrt verbunden ist nach christlichem Verständnis das Versprechen Jesu, seinen Anhängern zur Stärkung den Heiligen Geist zu senden. Ein Hinweis auf das nahende Pfingstfest.

Vatertagstradition: Mit Bier und Bollerwagen übers Land

In Deutschland ist Christi Himmelfahrt ein gesetzlicher Feiertag. An vielen Orten finden Prozessionen durch Felder oder Weinberge statt, bei denen die Gläubigen für ein gutes Erntejahr beten.

Der Brauch, mit Leiterwagen und Bier um die Häuser zu ziehen, kommt dem Brauchtumsforscher und Theologen Manfred Becker-Huberti zufolge aus dem 17. Jahrhundert. "An Christi Himmelfahrt hatte sich eine Art Prozession ohne Geistlichkeit entwickelt". Nur die Männer seien zu einem Ort gezogen, der angenommen wurde als Ort der Himmelfahrt Christi. "Sie zogen dorthin ohne Weihwasser, dafür aber mit Alkohol", erklärt Becker-Huberti. Der Alkohol sei dabei so reichlich gewesen, dass sich die Pfarrer entschlossen hätten, an dieser Art von Prozession nicht teilzunehmen. Pfarrer sperrten sogar ihre Kirchen ab, um Heiligenstatuen zu schützen.

1930er-Jahre: Vatertag als Pendant zum Muttertag

Aus diesen Männer-Prozessionen entwickelten sich seit dem 19. Jahrhundert in manchen Großstädten "Schinkentouren": Fuhrunternehmer organisierten Ausflugsfahrten mit Pferdefuhrwerken aufs Land. Frauen waren bei diesen Herrenpartien nicht zugelassen. In den 1930er-Jahren dann propagierten holländische Zigarrenfabrikanten und Metzger am Himmelfahrtstag den "Vatertag" als Pendant zum bereits etablierten Muttertag.

Vatertag heute: Hauptsache Zeit mit der Familie

So exzessiv wie einst laufen die Vatertags-Ausflüge inzwischen selten ab - auch wenn statistisch betrachtet die meisten Alkoholunfälle im vergangenen Jahr an Christi Himmelfahrt registriert wurden.

Viele Väter verbringen die Zeit an dem Feiertag ohnehin nicht mehr in Männergruppen, sondern ganz bewusst mit ihren Familien. Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti sagt, er finde es gut, dass sich die Vatertagstradition und die Vaterrolle verändert habe. "Wegen der Erkenntnis etlicher Männer, dass ein Vatertag sich nicht nur auf die Väter bezieht, sondern auf ihre Funktion und damit die Kinder einbeziehen sollte." Der Vatertag habe sich gewandelt, bestätigt auch die Bamberger Kulturwissenschaftlerin Heidrun Alzheimer. Womöglich sei das eine Folge "der heutigen Gendergerechtigkeit", so ihr Vermutung. Und sie stellt fest: Der Trend gehe weg vom einzelnen Familientag - hin "zum Kurzurlaub übers verlängerte Wochenende", jedenfalls wenn die Schulpflicht der Kinder am Brückentag nicht dagegen spricht.

Kirchen versuchen Feiertag neu zu beleben

Die Kirchen indes bemühen sich, dass der Tag wieder stärker als christlicher Feiertag wahrgenommen wird. Immerhin gilt der als christliches Hochfest. So begehen vielen Gemeinden Christi Himmelfahrt mit Freiluftgottesdiensten - im Wald, im Park oder am See, mancherorts auch mit anschließenden gemeinsamen Wanderungen.

Friedemann Steck, Pfarrer der evangelischen Erlöserkirche in München, etwa lädt heuer zu einem Vespa-Corso ein - inklusive Segen: "Gott hält seine Hand drüber, und das wird gerne angenommen." Wer mag, könne beispielsweise unter einem kleinen Bogen aus Birkenzweigen mit der Vespa durchfahren. "So kommt ein bisschen das Religiöse mit hinein", erklärt der evangelische Pfarrer. Dem Himmel etwas näher sein können Gläubige an Christi Himmelfahrt bei einem Gottesdienst am Flugplatz Seckendorf bei Fürth. Im Anschluss besteht die Möglichkeit zu einem Rundflug.

Im Video: Feiertag - Gläubige feiern Christi Himmelfahrt

Gottesdienst auf einem Flugplatz im Landkreis Fürth
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Gottesdienst auf einem Flugplatz im Landkreis Fürth

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