Eine Luftbildaufnahme zeigt die Zirndorfer Brücke von oben.
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Die Zirndorfer Brücke bei Fürth ist ein Paradebeispiel für den Zustand vieler deutscher Brücken: marode.

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Sorge um marode Brücken: Extrembeispiel in Fürth

Auf einer Brücke in Fürth kracht es regelmäßig. Hindernisse sollen schwere Lkw davon abhalten, auf die abrissreife Brücke zu fahren. Doch die werden ständig umgefahren. Wie sicher sind bayerische Brücken? Eine BR24 Vor Ort-Reportage.

Über dieses Thema berichtet: BR24 vor Ort am .

Deutschland hat ein Brückenproblem. Denn viele Brücken wurden in den 70er Jahren gebaut und werden langsam marode. Besonders riskant: Damals wurde ein bestimmter Spannstahl verwendet, der ohne Vorwarnung reißen kann. In der Carolabrücke in Dresden, die vergangenen Herbst zusammengebrochen ist, war ein solcher "spannungsrisskorrosionsgefährdeter" Stahl verbaut. Und auch in den Unterlagen der Stadt Fürth steht, dass der Spannstahl der Zirndorfer Brücke einer der Typen ist, der jeden Moment reißen könnte. Das Dokument kursiert unter den Anwohnern. Diese sind besorgt und fragen sich: Warum ist die Brücke nicht schon längst gesperrt?

Zirndorfer Brücke ist überfällig

Dass die Zirndorfer Brücke abgerissen werden muss, ist bekannt. Ein Gutachter erklärte schon im Jahr 2014, dass das Bauwerk "noch maximal fünf bis zehn Jahre erhalten werden kann". Doch die Stadt ist bei der Planung in Verzug. Frühestens in zwei Jahren kann abgerissen werden. Kann die Brücke so lange genutzt werden? Der Gutachter habe das unter Auflagen bewilligt, sagt die Stadt. Allerdings nur mit einer Gewichtsbeschränkung auf maximal 3,5 Tonnen pro Fahrzeug.

Höhenbegrenzungen sollen Wohnmobile und Lieferwagen am Durchfahren hindern. Doch dort bleiben regelmäßig Fahrzeuge hängen. Die Polizei zählte 30 Unfälle in drei Monaten. Sperren will die Stadt die Brücke trotzdem noch nicht. Schließlich fahren täglich mehr als 20.000 Mal Fahrzeuge über die Zirndorfer Brücke. Deren Fahrerinnen und Fahrer müssten Umwege in Kauf nehmen.

Ist das Risiko kalkulierbar?

Die Carolabrücke in Dresden ist plötzlich und ohne Vorwarnung eingestürzt. Der Grund: Der hier verbaute, empfindliche Stahl korrodiert, wenn er mit Wasser in Berührung kommt. Es bilden sich winzig kleine Risse im Stahl. Und weil er auf Spannung steht, kann er irgendwann einfach reißen. Die Produktion auf der Baustelle ist heikel. Der Stahl wird nicht immer zu hundert Prozent luft- und wasserdicht verpackt. Und auch bei der Zirndorfer Brücke stellten Fachleute bei 60 Prozent der Spannstahl-Stichproben Korrosion fest. Das geht aus Unterlagen für den Stadtrat hervor.

Allerdings hat die Stadt Fürth hier nicht bei der Sicherheit, sondern in ihren Unterlagen einen Fehler gemacht. Nachforschungen des BR zeigen: In der Brücke steckt ungefährlicher Stahl. Zwei Fachleute haben uns dies bestätigt. Wird die Brücke regelmäßig kontrolliert, ist das Risiko kalkulierbar.

Im Video: Nach dem Einsturz der Carolabrücke in Dresden stehen Bayerns Brücken im Fokus

Alt, rissig, einsturzgefährdet? Marode Brücken in Bayern
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Alt, rissig, einsturzgefährdet? Marode Brücken in Bayern

Hohe Belastung für Kommunen

Aber warum wurde sie nicht schon längst abgerissen? Baureferentin Christine Lippert erklärt: "Das ist nicht die einzige Brücke im Fürther Stadtgebiet, um die wir uns kümmern müssen". Die Stadt habe mehrere marode Brücken, die saniert werden müssen. Allein der Neubau der Zirndorfer Brücke kostet 38 Millionen Euro. Zuschüsse vom Freistaat oder vom Bund gibt es dafür aktuell nicht. "Das sind gigantische Summen und für die Kommunen auf die Dauer nicht leistbar", sagt Lippert.

Auch Benedikt Weigl, Referent des Bayerischen Gemeindetags, sagt, "dass die bayerischen Städte und Gemeinden in Zeiten finanzieller und personeller Engpässe bei Brückensanierungen vor erheblichen Herausforderungen stehen". Wie viele Städte im Freistaat ähnlich marode Brücken haben, ist unbekannt. Es gibt dazu keine Statistik. Forschende des Deutschen Institut für Urbanistik (difu) haben deutschlandweit die Strecke der kommunalen Brücken zusammengerechnet und kommen zu dem Ergebnis: elf Prozent der Brückenkilometer in Süddeutschland seien in einem "nicht ausreichenden Zustand". In Bayern liegt die Quote sanierungsbedürftiger Brücken an Bundes- und Staatsstraßen laut Verkehrsministerium bei rund sieben Prozent.

Brücken mit Schall überwachen

Doch wie können Brücken überwacht werden, die spannungsrisskorrosionsgefährdeten Stahl verbaut haben? Beim Untersuchen der Carolabrücke hat die Bundesanstalt für Materialforschung (BAM) neue Erkenntnisse gewonnen: Die Schäden liegen in der Nähe von Brückenpfeilern, sagt Korrosionsexperte Gino Ebell. Mit diesem Wissen könne man gezielter nach solchen Stellen suchen. Und man könnte Schallemissionen mit Mikrofonen überwachen. Wenn mehrere Spanndrähte reißen, würde man dies durch die Geräusche mitbekommen: vor einem Einsturz.

Dieser Artikel ist erstmals am 22. Juni 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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