Bei der Razzia wurden etliche Mobiltelefone sichergestellt.
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Schockanrufe in Deutschland: Callcenter in Polen ausgehoben

Die polnische Polizei hat in Zusammenarbeit mit Münchner Beamten sechs Personen in Polen festgenommen, die Senioren in Deutschland durch sogenannte Schockanrufe betrogen haben sollen. Bei der Razzia wurden etliche Mobiltelefone sichergestellt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Für die Münchner Polizei ist die Festnahme ein großer Erfolg im Kampf gegen Callcenter-Betrüger. Vergangenen Donnerstag stürmten die polnischen Kollegen mit bayerischer Unterstützung eine Wohnung in Posen. Die mutmaßlichen Täter wurden überrascht, um Flucht und Spurenverwischen zu verhindern. Auf einem Video der polnischen Polizei sieht man etliche beschlagnahmte Mobiltelefone, SIM-Karten, Tablets Laptops.

Festgenommen wurden zwei Männer und vier Frauen im Alter zwischen 17 und 34 Jahren, die sich nun in Untersuchungshaft befinden. Auch die Staatsanwaltschaft München I war an den Ermittlungen beteiligt. Maximilian Beer nennt es einen großen Coup, weil die kriminellen Strukturen erst wieder aufgebaut werden müssten.

Großer Coup: Hintermänner fassen

Meist werden Geld-Abholer festgenommen. Die lassen sich aber laut Beer schnell rekrutieren, dafür müsse man nichts können. Die Betrüger, die bei den Opfern anrufen, würden das aber lange üben. Diese Hintermänner seien nicht so leicht zu ersetzen.

Auch Thomas Schedel von der Münchner Kriminalpolizei betont, dass ihnen besonders daran gelegen sei, die Hinterleute, die meist im Ausland agieren, zu fassen. Denn von dort gehen die kriminellen Machenschaften aus und die Beamten vermuten, dass das erbeutete Geld auch dahin wandert.

Opfer über ganz Deutschland verteilt

Für die Beamten sei es eine besondere Herausforderung gewesen, weil die Täter grenzüberschreitend agieren. Dafür braucht es normalerweise zeitaufwendige Ermittlungen. Zeit, die die Polizisten nicht hatten, weil die Hintermänner alle paar Tage die SIM-Karten wechseln. Die in der kurzen Zeit bereits bekannten Opfer dieser Gruppe sind über ganz Deutschland verteilt, sieben davon aus Bayern. Bei den weiteren Ermittlungen wird nun nach weiteren Geschädigten gesucht. Die Tatverdächtigen haben von ihren Opfern immer mindestens eine fünfstellige Summe gefordert, so die Polizei.

Das Verfahren gegen die Tatverdächtigen soll gemeinsam in Polen geführt werden, heißt es von der Münchner Staatsanwaltschaft. Die vier verhafteten Frauen haben laut Polizei die deutsche Staatsbürgerschaft, alle festgenommenen sechs Personen waren aber wohnhaft in Polen.

Millionensummen mit Schockanrufen

Jährlich werden mit Schockanrufen allein in München Summen in Millionenhöhe erbeutet. Laut Polizeiangaben waren es in der Landeshauptstadt im Jahr 2023 knapp über 3 Millionen Euro. Anfang April hatte ein Senior aus Garmisch-Partenkirchen Betrügern nach Schockanrufen insgesamt 1,4 Millionen Euro übergeben.

In den meisten Fällen werden die Senioren bei dieser Betrugsmasche von einer Frau kontaktiert, die sich als Familienmitglied (z.B. Tochter) ausgibt und erzählt, dass sie einen Unfall verursacht habe und nur die Bezahlung einer hohen Geldsumme rechtliche Konsequenzen verhindern könne. Dann unterbricht der zweite Betrüger das Gespräch und gibt sich als Polizist aus. Den Opfern wird dabei ein enormer Zeitdruck vorgegaukelt.

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