(Symbolbild) Paar verlässt den Kreissaal.
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(Symbolbild) Viele Schwangere sorgen sich, wenn die Geburtshilfe in ihrer Region schließt.

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Weniger Geburtshilfe: Was heißt das für die Schwangeren?

Seit 1. Juni bietet das Krankenhaus in Kösching im Landkreis Eichstätt nur noch geplante Kaiserschnitte an. Auch andere Entbindungsstationen schließen. Für viele schwangere Frauen heißt das erstmal: Unsicherheit.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Eine große Wanne, ein Bett, ein Seil, das von der Decke baumelt: Das Geburtshaus in Kösching im Landkreis Eichstätt ist bereit für die ersten Geburten. Es ist in das dortige Krankenhaus eingezogen und will schwangeren Frauen eine Alternative bieten. Im Krankenhaus finden seit dem 1. Juni nämlich nur noch geplante Kaiserschnitte statt. Der Grund: Fachkräftemangel. Bisher kamen jährlich rund 400 Kinder im Krankenhaus in Kösching zur Welt.

Im naheliegenden Eichstätt gibt es schon seit 2019 keine Möglichkeit mehr, spontan zu entbinden. In den vergangenen 30 Jahren hat sich die Zahl der Entbindungsstationen in Bayern fast halbiert.

Immer weniger Krankenhäuser: Ministerium sieht auch Vorteile

Was zunächst negativ klingt und viele schwangere Frauen verunsichert – die Schließung einer Geburtsstation – könnte auch Vorteile haben. Durch die Zentralisierung lasse sich die Versorgungsqualität verbessern und langfristig sichern, heißt es aus dem Bayerischen Gesundheitsministerium. Dieses Ziel verfolgt auch die geplante Krankenhausreform.

"Das erforderliche Fachpersonal kann so eher gewonnen und gehalten werden, als wenn die Versorgungslandschaft in zu kleine Einheiten aufgeteilt wird", teilt eine Ministeriumssprecherin auf BR-Anfrage mit. Zum anderen sei eine Bündelung der Angebote an einem Standort nötig, um die neuen Rahmenbedingungen zu erfüllen, dazu zählen ein entsprechender Personalschlüssel oder eine bestimmte technische Ausstattung.

Auch wenn sich die Zahl der Krankenhäuser mit Geburtshilfe seit 1994 fast halbiert hat, sei eine flächendeckende Versorgung sichergestellt, versichert das Bayerische Gesundheitsministerium.

Grafik: Anzahl der Kliniken mit Gynäkologie und Geburtshilfe in Bayern seit 1994

Regionaler Versorgungsplan für Geburtshilfe gefordert

Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) fordert einen regionalen Versorgungsplan. Ziel ist, spezialisierte Zentren zu schaffen, die innerhalb von maximal 40 Minuten erreichbar sind: "Dort kann dann maximale Sicherheit gewährleistet werden", erklärt Markus Schmidt von der DGGG. Im Niedrigrisikobereich wären das Hebammen-geleitete Kreißsäle, in denen Ärztinnen und Ärzte eine untergeordnete Rolle spielen. Gleichzeitig könnten in denselben Einrichtungen auch Risikofälle optimal betreut werden.

Wichtig sei, diese Zentren strategisch zu planen, um entsprechende Strukturen auch in dünnbesiedelten Gebieten aufzubauen und damit Krankenhäuser nicht kurzfristig Stationen schließen müssten, weil Personal fehle. Künftig rechnet er mit einer zunehmenden Zentralisierung: "Ich denke, wir werden gar nicht darum herumkommen, dass wir größere Einheiten bilden müssen." Das heiße aber nicht, dass Frauen in unpersönlicher Atmosphäre entbinden werden, so Schmidt.

Erste Erfahrungen nach Schließung in Tirschenreuth

Auch im Krankenhaus in Tirschenreuth gibt es seit April 2024 keine Geburten mehr. Auf die umliegenden Krankenhäuser hat das eine durchaus positive Auswirkung. Sowohl im Krankenhaus in Weiden als auch in Marktredwitz steigen die Geburtenzahlen. Beide Häuser beobachten einen Zuwachs aus dem Landkreis Tirschenreuth, wie Sprecher auf Anfrage erklären.

Eine längere Strecke ergebe sich für die allermeisten nicht, da das Klinikum Tirschenreuth geografisch zwischen den Häusern in Marktredwitz und Weiden liege. Dennoch: "Viele Frauen aus Tirschenreuth empfinden es sicherlich als Verlust, dass keine Geburt mehr direkt vor Ort möglich ist", teilt ein Sprecher der Klinik Marktredwitz mit. Keines der beiden Krankenhäuser stoße an seine Kapazitätsgrenze.

Bayernkarte: In diesen bayerischen Klinken werden Kinder geboren

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Alternative in Kösching: Geburtshaus

Kösching hat nun also ein Geburtshaus – eine wohnortnahe Alternative für Frauen mit komplikationsloser Schwangerschaft und einer Entbindung nach der 36. Schwangerschaftswoche. Gegründet wurde es von Hebammen, die zuvor im Krankenhaus tätig waren. Sie arbeiten eigenständig, aber weiterhin in den Räumen der Klinik.

Sollte es Komplikationen während der Geburt geben, müssen die Schwangeren ins rund 20 Minuten entfernte Ingolstadt verlegt werden. Für einige Frauen spricht dennoch viel für das Geburtshaus: "Die familiäre Atmosphäre, die Nähe zu uns und ich kenne die Hebammen schon", erzählt eine schwangere Frau. "Das Klinikum in Ingolstadt ist sehr groß. Und Kösching ist für uns auch einfach näher", meint eine andere.

Eine wohnortnahe und gut erreichbare Geburtshilfe Versorgung sei wünschenswert, heißt es aus dem Gesundheitsministerium – das darauf verweist, dass in den vergangenen Jahren ambulante Versorgungsangebote wie von Hebammen betriebene Geburtshäuser zugenommen haben, so nun auch in Kösching.

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