Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig hat entschieden: Das rechtsextreme Magazin "Compact" darf weiter erscheinen. Damit hob der sechste Senat das Verbot auf, das die frühere Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Sommer 2024 erlassen hatte (AZ: 6 A 4.24). Es seien trotz einiger verfassungsfeindlicher Inhalte nicht alle Voraussetzungen für ein Verbot erfüllt.
Bei der Verhandlung ging es um die Frage: Gelten die Inhalte des Magazins noch als Meinungsäußerungen und sind durch die Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt – oder sind sie verfassungsfeindlich und stellen eine konkrete Gefährdung dar?
Gericht bezieht sich auf Pressefreiheit
Faeser hatte das Magazin im Sommer 2024 als "zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene" bezeichnet und verboten. Im Eilverfahren hatten der zuständige 6. Senat das Verbot daraufhin vorläufig ausgesetzt, sodass das Blatt vorerst weiter erscheinen konnte. Nun stand die endgültige Entscheidung im Hauptsacheverfahren an. Das Gericht ist in erster und letzter Instanz für Klagen gegen Vereinsverbote zuständig.
Das Bundesverwaltungsgericht bezog sich bei seiner Entscheidung nun auf die im Grundgesetz verankerte Presse- und Meinungsfreiheit. Ein Vereinsverbot gegen ein Medienunternehmen dürfe diese nicht unterlaufen.
Bundesinnenministerium legte 240 Seiten mit Belegstellen vor
In der Verhandlung ging es dabei um einzelne Äußerungen in "Compact". Bei den Auszügen handelte es sich um Belegstellen, die das Bundesinnenministerium (BMI) auf mehr als 240 Seiten vorlegte. Dabei geht es um Beispiele für die Verletzung der Menschenwürde, Verstöße gegen das Demokratieprinzip und die Rechtsstaatlichkeit sowie Rassismus und Antisemitismus. Der Prozessvertreter des Ministeriums, Wolfgang Roth, sagte vor Gericht, dass die Auswahl für die Verhandlung lediglich exemplarisch sei.
Das Gericht argumentierte, eine Vielzahl der vom Bundesinnenministerium vorgelegten Belege für den Verbotsgrund ließen sich als "überspitzte, aber letztlich im Lichte der Kommunikationsgrundrechte zulässige Kritik an der Migrationspolitik deuten". Auch die von Compact bedienten Verschwörungstheorien und geschichtsrevisionistischen Betrachtungen fielen unter den Schutz der Meinungsfreiheit und "vermögen das Vereinsverbot nicht zu rechtfertigen". Richter Ingo Kraft betonte am Ende der Urteilsverkündigung, dass es sich der Senat mit diesem Verfahren nicht leicht gemacht habe.
Kritisiert wurden Begriffe wie "Passdeutsche" und "Volksaustausch"
Konkret ging es um Begriffe oder Aussagen wie "Passdeutsche", "Volksaustausch", "Vernichtungsschlag gegen das deutsche Volk" oder "Deutscher ist ein Mensch mit deutscher Herkunft". Aus Sicht von Roth belegen diese, dass die "Compact"-Macher eine "absolute Homogenität oder eine Rettung der interkulturellen Identität des deutschen Volkes" anstreben.
Die Klägerseite wies dies jeweils zurück und sprach von Polemik. Die genannten Äußerungen ließen kein "politisches Konzept erkennen, welches ein verfassungsfeindliches Ziel" verfolge, sagte Anwalt Ulrich Vosgerau.
Das 2010 gegründete Medienunternehmen hatte seinen Sitz früher im brandenburgischen Falkensee, inzwischen sitzt es in Stößen in Sachsen-Anhalt. Die Auflage des "Compact"-Magazins liegt nach Gerichtsangaben bei 40.000 Exemplaren, der Online-TV-Kanal erreicht bis zu 460.000 Klicks.
Mit Informationen von dpa, KNA und AFP
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