Ein Stabsfeldwebel der Bundeswehr legt einer jungen Frau eine schusssichere Weste an. (Archivbild)
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Arne Dedert

Die Debatte über eine mögliche Rückkehr zur Wehrpflicht gewinnt an Dynamik. (Archivbild)

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Union will Deutschland auf Wehrpflicht vorbereiten

Die Debatte um die Wehrpflicht nimmt Fahrt auf: Aus der Union kommt der Ruf nach klaren Strukturen – CSU-Fraktionschef Holetschek plädiert für eine verpflichtende Gesellschaftszeit. Verteidigungsminister Pistorius prüft ein Modell mit Pflichtoption.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Unionsfraktionschef Jens Spahn fordert laut einem Medienbericht eine Struktur bei der Bundeswehr, die eine Rückkehr zur Wehrpflicht ermöglicht.

Wehrpflicht: Spahn drängt, Kramp-Karrenbauer will Gleichstellung

"Es muss auf jeden Fall eine Struktur bei der Bundeswehr geschaffen werden, die eine zügige Rückkehr zur Wehrpflicht möglich macht. Das geht nicht von heute auf morgen, aber wir müssen mit den Vorbereitungen beginnen", sagte Spahn der "Rheinischen Post" laut einem Vorabbericht. Die Bundesrepublik müsse wieder verteidigungsfähig werden. Dazu gehörten auch bis zu 60.000 zusätzliche Soldatinnen und Soldaten für die Bundeswehr. Sollte das über Freiwilligkeit gelingen, sei das gut. "Aber mein Eindruck ist, dass wir die Wehrpflicht dafür brauchen werden", sagte Spahn demnach.

Wehrpflicht auch für Frauen?

Auf die Frage der Zeitung, ob es auch eine Wehrpflicht für Frauen geben müsse, antwortete Spahn laut dem Vorabbericht: "Wenn die alte Wehrpflicht wieder eingesetzt wird, dann gilt sie nur für Männer. So steht es im Grundgesetz, ansonsten muss man die Verfassung ändern. Für die nächsten vier Jahre sehe ich das nicht."

Für eine Grundgesetzänderung braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat. Die ehemalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) möchte die Wehrpflicht auch auf Frauen ausgeweitet sehen. "Wenn wir uns die Zahlen des Geburtenrückgangs ansehen, wird sich am Ende die Frage stellen, ob wir auf irgendeine Gruppe verzichten können. Das heißt, auch die Frauen wären zur Wehrpflicht mit einzuziehen", sagte sie der "Berliner Zeitung".

Holetschek unterstützt Spahns Vorstoß

Unterstützung für Spahns Vorstoß kommt von CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek. Er sprach sich ergänzend für eine "verpflichtende Gesellschaftszeit" aus – mit unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten. "Das kann ein Wehrdienst sein, aber auch ein Jahr im Sportverein oder in der Pflege. Wir brauchen wieder mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt, denn der Staat ist kein abstraktes Gebilde, sondern die Summe der Menschen, die sich für das Gemeinwohl engagieren", sagte Holetschek dem BR.

Die Wehrpflicht war 2011 unter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nach 55 Jahren ausgesetzt worden.

Wehrbeauftragter Otte: Wehrdienst notfalls verpflichtend

Auch der neue Wehrbeauftragte des Bundestags, Henning Otte (CDU), sieht in einem verpflichtenden Wehrdienst eine mögliche Lösung, falls sich nicht genug Freiwillige finden lassen. "Sollte das nicht ausreichen, muss um verpflichtende Elemente erweitert werden", sagte er der Welt am Sonntag. Eine Rückkehr zur klassischen Wehrpflicht hält Otte jedoch für wenig sinnvoll.

Bericht: Pistorius prüft Wehrdienst-Reform

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD kommt das Wort "Wehrpflicht" nicht vor. Darin heißt es stattdessen: "Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert."

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte zuletzt mehrfach deutlich gemacht, dass die vereinbarte Freiwilligkeit nur gilt, wenn der Bedarf an Soldaten auf diesem Weg gedeckt werden kann – so etwa kürzlich vor einem Nato-Treffen. Wie am Donnerstag das "Handelsblatt" berichtete, bereitet der Minister den Weg zur Wiedereinführung der Wehrpflicht gerade vor. Regierungskreisen zufolge will das Ministerium den Gesetzentwurf noch im Sommer ins Kabinett einbringen. Darin ist den Angaben zufolge ein Zwei-Stufen-Modell vorgesehen: Zunächst setzt der Plan auf Freiwilligkeit.

Rückkehr zur Wehrpflicht? SPD zurückhaltend

Allerdings reagierte die SPD-Fraktion zurückhaltend auf den Spahn-Vorstoß. Falko Droßmann, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir arbeiten hart daran, junge Männer und Frauen für den Dienst in unseren Streitkräften zu begeistern. Dafür muss die Infrastruktur der Bundeswehr massiv verbessert werden und es müssen attraktive und flexible Laufbahnmodelle angeboten werden. Da sind wir mit Hochdruck dran. Wer diese notwendigen Anstrengungen scheut und allein auf Zwang setzt, macht es sich deutlich zu leicht."

Kritik kam von der Linken-Fraktion. "Der Dienst an der Waffe war und ist immer mit Gewalt verbunden. Niemand darf dazu gezwungen werden", sagte Christian Görke, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion. Die Bundesregierung habe bisher noch nicht einmal eine konkrete Aufgabenbeschreibung oder Bedarfsplanung der Bundeswehr vorgelegt.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte vor kurzem "zusätzliche Schritte" beim Wehrdienst nicht ausgeschlossen. Kirchliche Jugendverbände sind dagegen kritisch.

Mit Informationen von Reuters, AFP, KNA und dpa.

Im Video: Bundeswehr setzt "zunächst" auf freiwilligen Wehrdienst (14.05.2025)

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2025
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Bundeswehr setzt "zunächst" auf freiwilligen Wehrdienst

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!