Wenn Karl Gattinger für bestimmte Biergärten in Bayern wirbt, geht es ihm weniger ums Geschäft mit dem Bier als vielmehr um den Denkmalschutz. Dafür ist der Historiker im Landesamt für Denkmalpflege zuständig. Denn: Auch Biergärten sind für den Denkmalschutz von Interesse.
Rund 30 Biergärten in Bayern unter Denkmalschutz
Denn wer wolle schon bestreiten, dass die typisch bayerischen Wirtshäuser mit Bierbänken unter freiem Himmel "von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit" sind, "deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt"? So steht es im Bayerischen Denkmalschutzgesetz von 1973. Entsprechend stehen heute rund 30 Biergärten in Bayern unter Denkmalschutz – ohne, dass Gattinger darauf schwören würde, dass wirklich alle Biergärten schon auf Herz und Nieren geprüft worden sind, die tatsächlich unter Denkmalschutz stehen müssten.
Aber freilich kommt nicht jede Lokalität dafür in Frage. "Eine Generation sollte schon vergangen sein", sagt Karl Gattinger. Das schließe in der Regel alle Lokalitäten ab den 1980er-Jahren aus. Allerdings: "Wenn jetzt eine postmoderne Brauerei auch noch einen tollen Biergarten dabei hätte mit postmoderner Biergarten-Architektur, dann wäre das natürlich auch ein Fall für die Denkmalliste." Rein theoretisch – gibt es bislang aber noch nicht.
"Ganz nett, aber reicht bestimmt nicht zur Denkmal-Eigenschaft"
Alter hin oder her: Ohne Orts-Termin geht es sowieso nicht. Für seinen Zuständigkeitsbereich Mittelfranken rückt Karl Gattinger von Neumarkt in der Oberpfalz aus in der Regel aus, wenn ihm zunächst mal ein Foto vorliegt. "Dann kann man schon sagen: Das ist zwar ganz nett alles, aber das reicht jetzt bestimmt nicht zur Denkmal-Eigenschaft. Oder wir sagen: Oh ja, das schaut aber ganz vielversprechend aus. Dann fahren wir da auch hin."
Und so hat es in Mittelfranken zum Beispiel das Gasthaus Rockenbrunn auf die Liste der denkmalgeschützten Biergärten in Bayern geschafft. Dessen Ursprünge reichen bis ins Jahr 1623 zurück, auch wenn die offizielle Konzession erstmal fehlte. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Gebäude immer wieder renoviert – 1997 dann schon unter den Auflagen des Denkmalschutzes.
Denkmalschutz bringt Gäste, aber auch Auflagen
Denn das "Gütesiegel Denkmalschutz", wie Karl Gattinger sagt, ist wohl das eine: werbewirksam und entsprechend gut fürs Geschäft. Andererseits bringt es Auflagen mit sich, die es dem Betreiber verbieten, das Gebäude nach Belieben weiter aus- oder umzubauen und den Gästen so vielleicht mehr oder gar anderes zu bieten. "Er kann jetzt seinen Biergarten nicht zubetonieren und dann darauf eine Bowling-Halle aufstellen, das geht natürlich nicht."
Der Historiker ärgert sich aber auch, wenn sich über den Denkmalschutz geärgert wird, schließlich sei das Denkmalschutzgesetz vergleichbar mit dem Brandschutzgesetz. "Nur stellt halt das Brandschutzgesetz niemand in Frage, das Denkmalschutzgesetz schon. Aber es ist genauso ein Gesetz wie andere Gesetze auch. Und da muss man ganz klar sagen: Ja, mei, Gesetz ist Gesetz." Und das soll eben sicherstellen, dass ein Denkmal auch als Denkmal erhalten wird und erfahren werden kann.
Ältester nachweisbare Biergarten unter Denkmalschutz in München
Im Falle der denkmalgeschützten Biergärten sei Gattinger aber jedenfalls kein Fall bekannt, in dem ein Betreiber oder Eigentümer mit den Auflagen des Denkmalschutzes in Clinch geraten ist. "Im Gegenteil, die Biergarten-Betreiber, die ich kenne, die einen denkmalgeschützten Biergarten haben, die freuen sich alle und behandeln ihren Biergarten auch, wie man halt mit einem denkmalgeschützten Biergarten umgeht."
Der älteste nachweisbare Biergarten, der in Bayern unter Denkmalschutz steht, ist übrigens der Augustinerkeller in München. 1812 wurde er erstmals erwähnt – und 1896 so umgebaut wie er heute noch anzutreffen ist – fußläufig vom Hauptbahnhof der Landeshauptstadt.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!