Die leere Tanzfläche im "Kaiser" vor der Party und im Zusammenschnitt die volle Tanzfläche während der Party
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In den "Kaiser" in Unterpreppach strömen pro Club-Abend über 1.000 Menschen. Es ist die einzige Location im Umkreis von ca. 40 Kilometer.

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Clubsterben, nein danke! Letzte Hoffnung für die Dorf-Disco

In Unterpreppachs Club strömen jedes Wochenende doppelt so viele Menschen wie der unterfränkische Ort Einwohner hat. Als die Betreiber aufhören wollen, folgt ein Aufschrei. Bis ein Investor kam – und der geht nun ungewöhnliche Wege zu dessen Rettung.

Über dieses Thema berichtet: BR24 vor Ort am .

Im Elektronik-Einzelhandel ist Peter Müller über Jahre vor allem für den Verkauf von Waschmaschinen zuständig. Der emotionale Schleudergang, den diese eine Nachricht auslöste, traf ihn trotzdem unvorbereitet: Per WhatsApp erhält Müller die Info, dass ein Investorenpaar mit dem Gedanken spielt, den "Kaiser", eine legendäre Disco in den Haßbergen, zu übernehmen. Aber nur, wenn sie einen Geschäftsführer finden – und er, Peter Müller, sei dafür der Richtige.

Das Investorenpaar suche keinen Zahlenjongleur, sondern jemanden, der brennt für das Nachtleben. Peter Müller passe da wie die Nadel auf die Schallplatte. "Ich war nicht immer so seriös gekleidet", sagt er und zeigt Fotos aus seiner "wilden Zeit". Da organisiert er Schaum-Partys auf Ibiza und verkauft in Hot-Pants oder mit Bademantel und String-Body Tickets. Er, der "positiv Verrückte", als Geschäftsführer einer Diskothek?

Aus Peter Müller wird DJ Ratzi

Mitte der 80er ist er zunächst der "LJ", der Lichtmann. Als eines Abends der DJ ausfällt, springt Müller ein. Seither ist er der "DJ Ratzi", der in Clubs in ganz Bayern Menschen zum Tanzen bringt.

Seit 18 Jahren wohnt Peter Müller in Memmelsdorf bei Bamberg, zusammen mit seiner Ehefrau, den Kindern und Hunden. Früher habe er gut von seiner Tätigkeit als DJ gelebt. Damals seien selbst an einem Dienstagabend die Discotheken voll gewesen. Heute haben viele Clubs auf dem Land gerade mal einen Abend die Woche geöffnet – wenn überhaupt.

Aus DJ Ratzi wird ein Geschäftsführer

Müller heuert im Elektro-Einzelhandel an, als DJ legt er nur noch gelegentlich auf. Als sich nun aus dem Nichts die Chance auftut, beruflich ins Nachtleben zurückzukehren, sagt er erstmal: "Nein, da bin ich der Falsche, weil ich habe das noch nie gemacht", erzählt er. Aber Investor Thomas Fischer lässt nicht locker und lädt ihn in sein Schloss in Ditterswind ein.

Zwischen den beiden stimmt die Chemie: "Das Bauchgefühl entscheidet sich in der ersten Millisekunde", sagt Thomas Fischer, der laut eigenen Angaben aus einer "Unternehmerfamilie mit mehreren 100 Jahren Tradition" stammt. Im Discotheken-Gewerbe sind seine Partnerin Susanne Wettstein und er jedoch neu. Mit dem "Kaiser" haben sie große Pläne: von Partys ab 16 bis hin zu Ü40-Parties und Comedy-Abenden.

Im Video: Wie ein Investorenpaar die Dorf-Disco retten will

BR24 vor Ort-Reportage: Letzte Hoffnung für die Dorfdisco in Unterpreppach
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BR24 vor Ort-Reportage: Letzte Hoffnung für die Dorfdisco in Unterpreppach

Immer mehr Clubs schließen

Weil das Investorenpaar Peter Müller "eine Art Welpenschutz" zugesteht, sagt er zu. Sechs Monate Probezeit, um zu sehen, ob es funktioniert. Im Jahr 2026 mit einem Nachtclub schwarze Zahlen zu schreiben, ist eine große Herausforderung. Die Zahl der Discos und Clubs in Deutschland hat sich seit 2007 fast halbiert, auch in Bayern machen immer mehr Läden dicht. Am stärksten vom Clubsterben betroffen sind ländliche und strukturschwächere Regionen.

Die Herausforderungen bekommt der neue Geschäftsführer von Investor Fischer beim Treffen auf Schloss Ditterswind durchdekliniert: Preiserhöhungen in allen Bereichen – ob bei Getränken oder Personal. Dazu viel Bürokratie durch Lärm- und Sicherheitsauflagen.

Früher Live-Bands, heute DJs

"Wenn mir jemals einer gesagt hätte, dass unser Laden einer der wenigen ist, der noch da ist, den hätt' ich für verrückt erklärt", sagt Stefan Kaiser am Abend der ersten "Single-Party" unter dem neuen Besitzerpaar und Geschäftsführer. Vor 30 Jahren hat er mit seiner Frau die Gaststätte und Disco von seinem Vater übernommen. Stolz berichtet er von namhaften Live-Bands und DJs, die er seither nach Unterpreppach geholt hat.

In den ersten Monaten zeigen die Kaisers dem neuen Geschäftsführer, wie der Laden läuft. "Der Fokus muss immer auf dem Gast liegen", betont Stefan Kaiser: "Wir sind Dienstleister, immer freundlich, immer ein offenes Ohr."

Über 1.000 Leute in "Bauerndisco"

Zur "Single-Party" Mitte November kommen über 1.000 Clubbesucher in den Ort mit 550 Einwohnern. Sie unterstreichen, wie wichtig die Location für die Jugend der Region ist. "Wenn Unterpreppach zumachen würde, dann wär' außenrum gar nix mehr", sagt ein Besucher am Abend: "Auch wenn es eine Bauerndisco ist, das ist unser Treffpunkt, das ist prägend." Peter Müller will dafür sorgen, dass das so bleibt.

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