"Ich hatte nie Zweifel, dass ich heimkomme. Aber meine Freunde in Israel können das nicht. Sie sind eingekesselt." Mit diesen Worten beschreibt Julia Rothmayer ihre Ausreise aus Tel Aviv über Jordanien. Die Münchnerin war eigentlich nur für einen zweimonatigen Aufenthalt in Israel – doch der iranische Gegenangriff auf das Land änderte das.
Gestrichene Flüge, gesperrter Luftraum
Nach dem iranischen Gegenangriff auf Israel haben zahlreiche Fluggesellschaften ihre Verbindungen in die Region vorerst eingestellt. Die Lufthansa Group bestätigte, dass Flüge unter anderem nach Tel Aviv, Teheran, Amman, Erbil und Beirut betroffen sind – teils bis Ende Juni, teils sogar bis in den Spätsommer hinein. Darüber hinaus werden Überflüge über den Iran, Teile Saudi-Arabiens und weitere Staaten derzeit vermieden.
Mehrere Israelis in München gestrandet
Von den Einschränkungen sind auch zahlreiche Israelis betroffen, die derzeit in München festsitzen. Das israelische Generalkonsulat bestätigte gegenüber BR24: "Viele der Betroffenen sind Familien mit kleinen Kindern." Man versuche, sie gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde in München bestmöglich zu unterstützen – mit Unterkünften, aber auch psychologisch. Die meisten zeigten Verständnis, die Sorge um Verwandte in Israel sei jedoch groß.
Israel startet Rückholaktion für Staatsbürger
Mittlerweile hat Israel aber angekündigt, eine See- und Luftbrücke einzurichten, um die 100.000 bis 150.000 Israelis im Ausland heimzuholen. Verkehrsministerin Miri Regev erklärte, dass ihr Büro eine "Seeroute" von Zypern und Griechenland aus eingerichtet habe. Die israelische Fluggesellschaft El Al, die am Freitag die Aussetzung aller Flüge verkündet hatte, erklärte, dass sie sich auf "Rettungsflüge" ab Mittwoch vorbereite. Die Flugzeuge werden demnach in Larnaca auf Zypern, Athen, Rom, Mailand und Paris starten.
Auch die israelische Billigfluggesellschaft "Arkia" kündigte Sonderflüge ab Mittwoch an, um israelische Staatsbürger zurückzuholen. Ihre Flugzeuge starten in Zypern, Griechenland und Montenegro. Beide Fluggesellschaften erklärten, dass alle Flüge für den Mittwoch bereits ausverkauft seien.
Zwischen Schutzraum und Selbstorganisation: Eine Münchnerin erzählt
"Tel Aviv ist immer in meinem Kopf", erzählt dagegen Julia Rothmayer. Die gebürtige Altöttingerin war bereits im Oktober 2023 vor Ort, als der Hamas-Angriff begann – nun erneut. Sie hatte ein Apartment gemietet, als die Raketen einschlugen: "Ich habe den Iron Dome gehört. Das Haus hat gewackelt. Da wird einem klar, dass der Krieg nicht mehr weit weg ist." Rothmayer suchte Unterschlupf im Schutzraum ihrer Nachbarn, mit denen sie spontan zusammenlebte. "Wir haben eine Spielecke für Kinder eingerichtet, die haben bei Alarm einfach weitergespielt. Für sie ist das Alltag."
Julias Rückflug war für Ende Juni geplant – doch sämtliche Verbindungen wurden gestrichen. "Die ersten Mails vom Auswärtigen Amt waren vage, da wusste ich: Ich muss das selbst in die Hand nehmen." Gemeinsam mit anderen organisierte sie sich einen Fahrer an die jordanische Grenze, durchlief ein bürokratisches Chaos – und kam schließlich über Amman (Jordanien) zurück nach Deutschland.
"Ich war erleichtert – und gleichzeitig traurig. Denn meine israelischen Freunde haben nicht die gleichen Möglichkeiten. Sie dürfen nicht einfach über Grenzen reisen. Ich schon, mit deutschem Pass. Das ist ein unfaires Privileg."
Rückholflüge über Jordanien geplant
Das Auswärtige Amt ruft deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in Israel und Nachbarstaaten nun dazu auf, sich im Krisenvorsorgesystem "Elefand" zu registrieren. Evakuierungspläne gebe es momentan nicht, man halte sich aber alle Optionen offen. Zudem plant das Auswärtige Amt Rückflüge – jedoch nicht direkt aus Israel. Ab Mittwoch soll ein kostenpflichtiger Charterflug von Amman nach Frankfurt starten. Die Anreise nach Amman müssen die Betroffenen auf eigene Faust organisieren, da der israelische Luftraum weiterhin gesperrt ist.
"Man lernt, was Frieden bedeutet"
"In Europa leben wir im Frieden – und vergessen oft, wie besonders das ist", sagt Julia Rothmayer. Die Situation in Israel habe ihr einmal mehr bewusst gemacht, wie fragil Normalität sein kann. Sie wolle bald wieder zurück nach Tel Aviv – trotz allem.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!