Schon 1925 sind Löwen-, Pschorr- und Thomasbräu mit ihren geschmückten Fuhrwerken und den Braurössern gemeinsam auf das Oktoberfest gezogen. Seitdem gehört der Einzug der Wiesnwirte mit ihren Kutschen dazu, findet eine Sprecherin der Stadt München: "Pferde und Pferdegespanne sind ein fester Bestandteil des Münchner Oktoberfestes, insbesondere zum Einzug der Wiesnwirte."
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Peta: Verstoß gegen Tierschutzgesetz
Für Ilona Wojahn vom Tierschutz Bayern ist die Tradition aus der Zeit gefallen: "Tiere zum eigenen Vergnügen großem Stress auszusetzen – einfach, weil man das schon immer so gemacht hat – passt nicht zu einer modernen, mitfühlenden Gesellschaft." Die Tierrechtsorganisation Peta spricht bei derartigen Umzügen von einem klaren Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Pferde seien Fluchttiere, naturgemäß schreckhaft und durch laute Blasmusik stark belastet. "Der dauerhafte Stress verursacht enormes Tierleid", sagt Peta-Sprecherin Jana Hoger.
Pferde trainieren für den Wiesnumzug
Anders sieht das Karl-Heinz Geiger, Zuchtberater der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft. Er ist sich sicher: "Stress ist es sicherlich keiner für die Pferde, wenn die Tiere vorbereitet werden." Pferde sind laut ihm Gewohnheitstiere und gewöhnen sich schnell an Umwelteinflüsse. Die Pferde, die beim Wiesneinzug mitgehen, trainieren erst auf kleineren Umzügen und weiter weg von der Blaskapelle.
An Musik könne man die Tiere schon im Stall gewöhnen – etwa, indem ein Radio läuft: "Das zeigt dem Pferd, dass Musik selbstverständlich ist." Entscheidend sei aber auch, dass sich Kutschfahrer und Reiter gut mit Pferden auskennen: "Wichtig ist schon, dass die Fahrer und Reiter eine gute Ausbildung haben."
Warum sich Süddeutsche Kaltblüter besonders eignen
Beim Einzug der Wiesnwirte gehen vor allem Süddeutsche Kaltblüter mit, weiß Zuchtberater Geiger. Diese Pferde wurden früher in der Landwirtschaft eingesetzt, seien kräftig, stämmig und speziell für das Ziehen schwerer Lasten gezüchtet. Sie könnten die Kutschen beim Einzug also problemlos ziehen. Süddeutsche Kaltblüter gelten zudem als besonders gelassen – ein Grund, warum sie bei großen Umzügen bevorzugt werden.
Tierschützer: Umzug bleibt für Pferde belastend
Für Wojahn vom Tierschutz Bayern mildern das Training die Umstände nur bedingt: "Ganz egal, welche Rassen eingesetzt werden, wie viel Training ein Pferd durchläuft: Die Bedingungen beim Einzug der Wiesnwirte sind immer ein erheblicher Stressfaktor für die Tiere." Ein Training könne nur bedingt dabei helfen, die Pferde darauf vorzubereiten.
Der Wiesenumzug sei für die Pferde gut von den Zuschauern abgeschirmt, lobt Zuchtberater Geiger. Anders sei das zum Beispiel bei Karnevalsumzügen in Köln oder Aachen, da sieht der Pferdeexperte kritisch, dass die Menschen direkt zu den Tieren können und keinen Abstand halten müssen: "Da wird einfach von der Stadt aus dort zu wenig gemacht für die Sicherheit aus meiner Sicht. Da kann man vorbildlich hervorheben, dass die Stadt München da schon Sorge trägt, dass das alles gut abgeschirmt ist."
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Vorkehrungen der Stadt München
Die Stadt München betont, dass die artgerechte Behandlung der Tiere oberste Priorität habe. Es gebe klare Auflagen: Es würden nur Pferde eingesetzt, die an Menschenmassen gewöhnt seien sowie erfahrene Kutscher. Der Festring, der die Umzüge organisiert, teilte auch mit, dass zwei Tierärzte vor jedem Zug den Zustand der Tiere kontrollieren. Man habe auch schon Gespanne aus dem Zug genommen.
Ohne Tradition keine Pferde?
Geiger räumt ein, dass Unfälle nie ganz auszuschließen seien. Er betont jedoch: "Wenn wir unsere Pferde nicht mehr für solche Traditionen einsetzen, wird niemand mehr Pferde halten – dann werden wir keine Pferde mehr haben. Und da muss man sich schon die Frage stellen: Ist das wirklich das Ziel?"
Mit Informationen von dpa
Dieser Artikel ist erstmals am18. September 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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