(Archivbild) Die Unglücksstelle der Regionalbahn am 3. Juni 2022
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Prozess um Zugunglück von Burgrain – "Ritt auf der Rasierklinge"

Dritter Verhandlungstag im Prozess um das Zugunglück von Burgrain: Erneut wurden Mängel in der Dokumentation und Wartung der Bahnstrecke deutlich. Die schadhaften Betonschwellen im späteren Unglücksbereich seien bekannt gewesen.

Im Prozess am Landgericht München II um das Zugunglück von Burgrain bei Garmisch-Partenkirchen hat am Freitagvormittag, dem dritten Verhandlungstag, der damalige Bezirksleiter für die Fahrbahn weiter ausgesagt. Am Nachmittag berichtete ein Kriminologe der Soko Burgrain von seinen Ermittlungen.

Erneut wurde deutlich: Die Dokumentation innerhalb der Bahn war lückenhaft, Fristen für Ausbesserungsarbeiten wurden immer wieder verschoben. Im Computersystem gab es kein automatisches Warnsystem für ablaufende Reparaturtermine – und auch der Angeklagte führte keine eigene Liste.

Zehn Schwellen mit Rissen und Beschädigungen

"Es gab keine Alarmglocke", stellte der Vorsitzende Richter Thomas Lenz fest. Die schadhaften Betonschwellen im späteren Unglücksbereich waren laut Unterlagen bereits Anfang 2020 bekannt. Mehrere Kontrollen bestätigten immer neue Risse, die Zahl der betroffenen Schwellen nahm stetig zu. Letztlich waren es zehn Schwellen, die Risse und Beschädigungen aufwiesen. Eigentlich war der Austausch – gemeinsam mit neuen Schienen – bereits vorgesehen, doch der Termin verschob sich wegen Personalmangels.

Auch der Angeklagte bestätigte, dass die Schwellen schnellstmöglich hätten ausgetauscht werden müssen. Dies bestätigte er auch in einem internen Schreiben. Dennoch wurden die Arbeiten mehrfach aufgeschoben. Nach Einschätzung des Richters waren die Risse so deutlich, dass die Schwellen in die höchste Schadenskategorie hätten eingestuft werden müssen – mit sofortigem Handlungsbedarf und einer Langsamfahrstelle.

Langsamfahrstellen seien auf der Strecke "sehr unbeliebt" gewesen

Der angeklagte Bezirksleiter für die Schieneninfrastruktur im Werdenfelser Land blieb bei seiner Darstellung, er habe nach bestem Wissen gehandelt, aber unter erheblichem Druck gestanden. Langsamfahrstellen seien auf der wichtigen Strecke München-Garmisch "sehr unbeliebt" gewesen – sowohl bei Vorgesetzten als auch was den Betriebsablauf betrifft. Richter Lenz sprach angesichts der Vorgänge von einem "Ritt auf der Rasierklinge".

Bei dem Unglück im Juni 2022 war eine Regionalbahn auf der Strecke München–Garmisch entgleist. Fünf Menschen kamen ums Leben, mehr als 70 wurden verletzt.

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