Wegen seiner Geschäfte mit Cannabisprodukten in den Jahren 2018 und 2019 hatte die Staatsanwaltschaft München 1 den Hanf-Pionier Wenzel Cerveny vor Gericht gebracht. Dann schlug die Behörde aber selbst gleich am ersten von fünf geplanten Prozesstagen die Einstellung des Verfahrens vor.
Cerveny: "Ich dürfte eigentlich nicht auf der Anklagebank sitzen"
Der "Cannabis-König", wie er oft genannt wird, hatte gar nicht bestritten, dass er 2018 und 2019 die von der Staatsanwaltschaft genannten Waren nach Deutschland importiert beziehungsweise in seinen damaligen Läden in München, Baldham, Rosenheim und Augsburg zum Verkauf angeboten hatte. In der Anklageschrift verwendete Begriffe wie Marihuana und Rauschgift seien allerdings irreführend, sagte Cerveny. Es seien Hanfprodukte gewesen, etwa CBD zur "natürlichen Entspannung – fast wie Kamillentee".
Der rauschbewirkende Anteil an THC sei immer im zulässigen Bereich gewesen und auch sonst habe er sich an alle Vorgaben gehalten, sich mit seinen Geschäften auch nicht versteckt und seine Waren nie als Rauschmittel verkauft. Im Gegenteil: In den Läden seien Kunden aufgeklärt und dadurch letztlich vom Konsum THC-haltiger Produkte abgehalten worden. "Ich dürfte eigentlich nicht auf der Anklagebank sitzen, sondern müsste einen Orden von der bayerischen Staatsregierung bekommen", findet Cerveny.
Cerveny hofft auf Klärung der Rechtslage
"Ich bin mir keiner Schuld bewusst", betonte der 64-Jährige, der sich nach diversen Razzien und Ermittlungen von den bayerischen Behörden dennoch bis heute schikaniert fühlt. Aber: 15 von 17 Verfahren seien eingestellt worden, betont er. Vom Prozess erhoffte er sich nun nicht zuletzt eine grundsätzliche Klärung der Rechtslage.
Noch anstehendes größeres Verfahren ermöglichte Einstellung
Auf Vorschlag des Staatsanwalts, der eine Reihe kritischer Fragen gestellt hatte, wurde das Verfahren dann aber eingestellt. Der 64-jährige Hanf-Pionier verzichtet auf Schadenersatz und Entschädigungsansprüche. Einen beschlagnahmten Lastwagen und Bargeld bekommt er aber zurück, die beschlagnahmten Cannabis-Produkte dagegen nicht. Diese seien nach all den Jahren aber ohnehin unbrauchbar, sagte er.
Möglich gemacht hat die Einstellung Paragraf 154 der Strafprozessordnung, denn auf Cerveny komme wohl ohnehin ein noch größeres Verfahren zu, wie es hieß. Im Frühjahr wurden in seinem Laden in Aschheim fast 1.500 Cannabis-Setzlinge beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, doch Cerveny ist auch in diesem Fall optimistisch: Er ist sicher, dass der Handel mit Setzlingen vom neuen Cannabis-Gesetz sehr wohl gedeckt ist.
Verfahren auch in Niederbayern
Auch am Landgericht Landshut ist ein Verfahren um Setzlinge anhängig, die Cerveny an seinem Stand beim Erdinger "Sinnflut"-Festival angeboten hatte. Wann in Landshut verhandelt wird, ist ebenfalls noch unklar.
Seinen Traum von einem Cannabis-Club in dem Aschheimer Laden, den seine Frau führt, musste der Hanf-Pionier unterdessen begraben. Weil die Gemeinde in der Nähe einen kleinen Kinderspielplatz angelegt hat, bekam er dafür keine Genehmigung. Viele Club-Mitglieder sind abgesprungen, das Geld ging aus, und im August muss Cerveny den Laden räumen.
Zulassungen für Anbau inzwischen in ganz Bayern
Acht andere bayerische Anbauvereinigungen für Cannabis wurden unterdessen zugelassen, wie das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Zwei Anträge wurden nach LGL-Angaben bislang abgelehnt, 21 sind noch in Bearbeitung. Zehn Anträge wurden von den Antragstellern zurückgezogen.
Die bayerische Staatsregierung hatte die zum 1. April 2024 in Kraft getretene Teil-Legalisierung stets kritisiert und keinen Hehl daraus gemacht, sie mit Regeln so weit wie möglich einschränken zu wollen.
Mit Informationen von dpa
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