66 Cent bekommt Landwirt Holger Hofmann aus Kulmbach für seinen Liter Milch – noch. Denn in wenigen Tagen wird er kein Bio-Landwirt mehr sein. Für den Liter Milch bekommt er dann 13 Cent weniger. Dabei hat er erst vor acht Jahren seinen Stall bio-gerecht umgebaut, für insgesamt 1,6 Millionen Euro.
Ab dem 30. September wird aus dem Biobauern wieder ein konventioneller Landwirt. "Mir tut es im Herzen weh, dass ich jetzt wieder zurück muss", beklagt der 40-Jährige. Denn Hofmann hat keine Weide für seine Rinder. Nur ist die ab 2026 Pflicht für alle Bio-Landwirte, so verlangt es die EU.
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Pflicht zur Weidehaltung: Lange großzügig ausgelegt
Eigentlich nichts Neues, denn die entsprechende EU-Öko-Verordnung gilt schon seit 1999. Doch lange haben Behörden und Bio-Anbauverbände die Pflicht zur Weidehaltung großzügig ausgelegt. Ein Stall mit Auslauf und Grünfutter hat bisher für ein Siegel ausgereicht. Einen solchen Stall hat auch Landwirt Hofmann 2017 gebaut. Im hellen Offenstall können sich die Tiere frei bewegen, pro Tier wurden 12,5 Quadratmeter berechnet.
Hätte er nicht absehen können, dass das nicht reicht? Bei der Beratung damals habe es damals geheißen, das sei Definitionssache, erklärt Hofmann. Ein Auslauf sei nötig, und "das haben wir ja erfüllt, der Auslauf ist gegeben".
Ab 2026: Weidepflicht für Biobauern verpflichtend
Der EU reicht das nicht mehr. Ab 2026 heißt es verpflichtend: Wer Bio-Fleisch und Bio-Milch anbietet, muss seinen Tieren je nach Wetter zwischen April und November einen Weidezugang ermöglichen. Vielen Bio-Landwirten ist das jedoch nicht möglich, weil sie beispielsweise keine angrenzenden Weideflächen haben. So geht es auch Hofmann, dem Landwirt aus Kulmbach. Seine nächste Weidefläche liegt zwei Kilometer entfernt.
Bis 30. September: Sanktionsfreier Ausstieg möglich
Ohne die Weide verliert Hofmann also sein Bio-Siegel. Und er qualifiziert sich nicht mehr für wichtige Förderprogramme. Der Stichtag ist der 30. September, bis dahin kann er noch sanktionsfrei aussteigen. Wie ihm geht es auch anderen Öko-Landwirten. Laut dem Landwirtschaftsministerium sind rund 300 bayerische Bauern aus dem Programm aus und wieder auf konventionell umgestiegen.
Ihnen fehlen dadurch wichtige Fördergelder, hinzu kommt der niedrigere Milchpreis. Landwirt Hofmann rechnet für seinen Betrieb mit einem Verlust von 80.000 bis 100.000 Euro pro Jahr. Um den auszugleichen, müssen seine Kühe jetzt mehr Milch geben, bis zu 3.000 Liter pro Tier pro Jahr. "Ich muss schauen, dass die Tiere schneller trächtig werden, damit ich einen vollen Milchfluss habe", erklärt Hofmann.
Ob EU-Verordnung angepasst wird, ist unklar
Gibt es noch Hoffnung für Bayerns Bio-Landwirte ohne Weide? Erst im Juli versprach EU-Agrarkommissar Christophe Hansen bei einem Besuch in Niederbayern, die EU-Verordnung zu öffnen, um Ausnahmen für Härtefälle zu schaffen.
Ob und wann das sein könnte, ist bisher noch unklar, so Christine Singer (Freie Wähler), Landesbäuerin und Abgeordnete im Europäischen Parlament. Singer hofft darauf, dass es Landwirten künftig möglich gemacht wird, flexible Lösungen zu finden. Jungrinder, die noch keine Milch geben, könnten in Gruppen auf weiter entfernte Weiden gebracht werden.
Auch Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) setzt auf eine Anpassung der bisherigen Öko-Verordnung. Mitte August wandte sich die Ministerin noch einmal mit einem Schreiben an EU-Agrarkommissar Hansen, um für Ausnahmeregelungen in Härtefällen zu werben.
Solange es die nicht gebe, gelte aber das aktuelle Recht und das müsse auch dementsprechend angewendet werden, schreibt sie in einer Stellungnahme.
Im Video: EU-Ökoverordnung - Weidepflicht für Biobetriebe
Ab 2026 macht die EU ernst: Biorinder müssen Weidezugang haben.
Dieser Artikel ist erstmals am 22. September 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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