Ein Wohnblock.
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Ein Wohnblock. (Symbolbild)

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Wohnungsmarkt: Nutzen Betrüger die angespannte Lage aus?

Insbesondere in Ballungsräumen ist der Mietmarkt umkämpft. Das lockt mutmaßliche Betrüger an, die Wohnungssuchende um ihr Geld bringen wollen. Recherchen des Bayerischen Rundfunks zeigen, wie sie ihre Opfer ködern.

Über dieses Thema berichtet: Der Funkstreifzug am .

Aaron Waidelich erinnert sich wie aufgeregt er war, als er die Wohnungsanzeige las: Ein kleines Apartment für 400 Euro warm in der Münchner Maxvorstadt – also dem traditionellen Münchner Uni-Viertel. Auch die Fotos wirkten ansprechend. Sie zeigten etwa eine kleine Küchenzeile und ein modernes Bad. Der 19-jährige Event-Manager war sofort Feuer und Flamme: "Ich habe ewig gesucht – als ich dann das gefunden habe, dachte ich mir, das ist eigentlich der Jackpot", erzählt er.

Misstrauen im letzten Moment

Waidelich entdeckte die Wohnungsanzeige auf einer vermeintlichen Seite von "Booking.com". Die Internet-Plattform ist bekannt für die Vermittlung von Hotelzimmern und Ferienwohnungen. Er sei gerade im Ausland und könne deshalb nicht zur Besichtigung nach München kommen, ließ ihn eine Person, die sich als Vermieter ausgab, wissen.

Sie versprach, dass sich über das Portal alles online abwickeln ließe. Aaron Waidelich brauche die Wohnung nur für vier Wochen buchen, dann erhalte er im Anschluss automatisch einen längerfristigen Mietvertrag. Dem 19-Jährigen erschien das Angebot zunächst ebenso verlockend, wie plausibel. Durch den Käuferschutz des Buchungsportals fühlte er sich abgesichert.

Als er jedoch rund 1.600 Euro für Miete und Kaution auf ein privates Konto in Spanien überweisen sollte, wurde Aaron Waidelich misstrauisch. Er zahlte nicht. Eine Überprüfung mit Hilfe von KI ergab, die Seite könnte gefälscht sein. Offenbar ist sie damit kein Einzelfall.

Große Namen wecken Vertrauen

Wie Recherchen des BR24-Funkstreifzuges und des BR-Politikmagazins Kontrovers zeigen, nutzen mutmaßliche Betrüger die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt für ihre Zwecke aus. Sie setzen dabei offenbar auf die guten Namen großer Buchungsportale und missbrauchen diese für eigene Zwecke, indem sie deren Seiten nachbauen. So lief es auch im Fall von Niklas Eckert.

Auch er erhielt ein mutmaßlich gefälschtes Wohnungsangebot. Heute ist er allerdings um fast 2.000 Euro ärmer – ohne je in die Wohnung eingezogen zu sein. Das Angebot für ein Apartment im Münchner Westend kam in seinem Fall vermeintlich über "TripAdvisor.com" zustande. Mit diesem Reiseportal hatte der 28-Jährige zuvor sonst immer gute Erfahrungen gemacht.

Dass er diesmal das Geld auf ein spanisches Konto überweisen sollte, wunderte ihn zwar, er tat es aber dennoch. Eckert ist Journalist beim BR und ärgert sich im Nachhinein doppelt: "Meine Kernkompetenz sollte ja eigentlich sein, solche Sachen zu recherchieren, zu durchschauen, aber gerade, weil ich irgendwie doch dringend eine Wohnung gebraucht hab und alles ganz realistisch ausgeschaut hat, hab ich dann halt doch darauf vertraut", sagt er.

Mutmaßlicher Betrug mit gefälschten Webseiten in zwei Etappen

Wie sind die beiden Männer an die gefälschten Seiten von Booking und TripAdvisor gekommen? Die mutmaßliche Betrugsmasche läuft offenbar in zwei Etappen: Erst gelangen die Interessenten an ein seriös wirkendes Wohnungsangebot auf einer Seite wie Immobilienscout24.de und nehmen dort mit dem Anbieter Kontakt auf. Nachdem dieser so an eine E-Mail-Adresse gekommen ist, kann er den Link mit der gefälschten Seite schicken.

Den mutmaßlichen Betrügern auf der Spur

Aaron Waidelich und Niklas Eckert hielten die Seiten erstmal für echt. Erst bei genauerem Hinsehen stellte Waidelich geringste Abweichungen beim Logo des Buchungsportals "Booking.com" fest.

Immobilienscout24.de schreibt dem BR auf Anfrage, man beschäftige inzwischen ein Sicherheitsteam mit 20 Mitarbeitern. Diese sollen Fälschungen aufdecken und dubiose Konten sperren. Jeden Fall könne man aber trotzdem nicht erkennen, räumt das Portal ein. Die mutmaßlichen Betrüger agierten hochprofessionell. Meist handle es sich nicht um Einzelpersonen, sondern um organisierte Gruppierungen. Auch Booking.com teilt dem BR mit, man tue alles, um Betrug zu verhindern. TripAdvisor.com ließ einen Fragenkatalog unbeantwortet.

Polizei und Mieterbund warnen

KI-Tools, mit denen man Webseiten nachbauen kann, machen es Betrügern immer leichter, Opfer zu täuschen, insbesondere wenn sie dringend eine Wohnung suchen und sich von vermeintlich attraktiven Angeboten locken lassen. Die Präventionsstelle der Polizei von Bund und Ländern mahnt ebenso wie der deutsche Mieterbund zur besonderen Vorsicht.

Im Video: Betrüger nutzen Wohnungsnot aus

Schlüssel im Schloß einer Eingangstür
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Kriminalität · Betrüger nutzen Wohnungsnot aus

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Mehr zu diesem Thema erfahren Sie im BR24-Funkstreifzug am 19.11.2025 um 12:17 Uhr im Radioprogramm von BR24. Sie können den Funkstreifzug auch als Podcast in der ARD-Audiothek hören. In der ARD-Mediathek finden Sie hingegen einen Beitrag des BR-Politikmagazins Kontrovers zum Thema.