Aufgenähte Deutschland Flagge auf dem Ärmel einer Uniformjacke.
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Neuer Wehrdienst: Gibt es genügend Ärzte für die Musterung? (Symbolbild)

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Neuer Wehrdienst: Gibt es genügend Ärzte für die Musterung?

Künftig sollen junge Männer wieder gemustert werden. Dafür ist es angedacht, sogenannte Musterungszentren aufzubauen. Wie realistisch sind die Planungen und was soll dort passieren?

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In 24 modernen "Musterungszentren" sollen junge Männer nach der Einführung des neuen Wehrdienstes auf ihre Tauglichkeit untersucht werden. Denn für Männer soll die Musterung wieder verpflichtend sein – genau wie das Ausfüllen eines Fragebogens zur persönlichen Eignung. Am Freitag will der Bundestag abstimmen. Bis Mitte 2027 sollen laut Bundesverteidigungsministerium aber noch keine gesamten männlichen Jahrgänge gemustert werden. Die Kapazitäten müssen erst aufgebaut werden.

Bislang finden Musterungen für Menschen, die sich zur Bundeswehr melden, in den Karrierecentern der Bundeswehr statt. Diese haben die Kreiswehrersatzämter nach dem Aussetzen der Wehrpflicht abgelöst. Die Kapazitäten dort gelten aber als unzureichend für Musterungen in größerem Umfang.

BR24-User "Hubertus_Frankenstein" bemerkte diesbezüglich vor ein paar Wochen in den Kommentarspalten: "Woher werden die für Musterungen benötigten Ärzte genommen? Es herrscht doch bei Hausärzten, Fachärzten (monatelangen Wartezeiten auf Termin), Klinikärzten (Doppel und Dreifachschichten) Personalmangel."

Wo wird künftig gemustert?

Wo genau die neuen Musterungszentren stehen könnten, lässt sich laut einer Ministeriumssprecherin noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Auf BR-Anfrage verwies sie auf laufende Planungen. Geplant sei in diesem Zusammenhang auch "ein Aufwuchs der entsprechend notwendigen ärztlichen Dienstposten". Inwiefern hierfür ziviles Personal angeworben werden soll, ließ die Sprecherin offen. Aus Sicherheitsgründen gebe es keine Informationen zu einzelnen Personengruppen.

Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund zeigt auf BR-Anfrage mehrere Optionen zur Personalgewinnung auf. Realistisch sei in Ballungszentren "eher eine Gewinnung von Ärztinnen und Ärzten über befristete, planbare Modelle, zum Beispiel Teilzeit oder projektbezogene Einsätze in Musterungszentren, als über langfristige Bindung in großem Umfang", erklärte die 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna. Denkbar seien auch Rahmenverträge mit arbeitsmedizinischen Diensten oder eine Zusammenarbeit mit Vertragsärzten. Johna verwies darauf, dass die Nachfrage nach Ärzten in Ballungszentren weiterhin hoch sei und es dort zahlreiche Alternativen gebe.

Veränderungen durch die Krankenhausreform?

Insgesamt hängen die Chancen, genügend ärztliches Personal anzuwerben, laut der Vorsitzenden der Ärztegewerkschaft entscheidend von der Frage ab, wie attraktiv und flexibel die Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte gestaltet werden. Für "klassische Vollzeit-Anstellungen" sehe sie "begrenzte Chancen". Johna verwies allerdings auf mögliche regionale Veränderungen ab 2027. Unter Umständen könnten dann im Zuge der Krankenhausreform Stellen wegfallen. "In Regionen mit Standortschließungen oder deutlichen Umstrukturierungen kann die Bereitschaft steigen, vorübergehend oder dauerhaft in neue Tätigkeitsfelder zu wechseln."

Johna gab allerdings zu bedenken, dass Ärztinnen und Ärzte, die einen Job suchen, nicht automatisch dort hinziehen, wo Personal für Musterungszentren benötigt wird. Eine große Rolle spielten Pendelzeiten, Lebenshaltungskosten oder Kinderbetreuungsmöglichkeiten.

Was passiert bei der Musterung?

Das grundsätzliche Procedere bei der Musterung soll sich laut Verteidigungsministerium mit Einführung des neuen Wehrdienstes nicht ändern. Zunächst werden Kandidaten etwa zu Erkrankungen, Symptomen oder der medizinischen Vorgeschichte befragt. Es folgen unter anderem ein Seh- und Hörtest und eine Urinprobe. Zudem werden Kandidaten gemessen und gewogen. Auch der Bewegungsapparat sowie die Belastbarkeit werden untersucht.

Medienberichten zufolge soll an der Untersuchung der Hoden durch Abtasten festgehalten werden. Diese dient unter anderem dazu, einen unentdeckten Leistenbruch oder Fehlanlagen zu erkennen. Am Ende der Musterung, bei der auch Aspekte der persönlichen und charakterlichen Eignung betrachtet werden, wird der Tauglichkeitsgrad eines Kandidaten ermittelt. Unterschieden wird hier zwischen:

  • 1. (wehr-)dienstfähig und (voll) verwendungsfähig
  • 2. (wehr-)dienstfähig und verwendungsfähig mit Einschränkungen
  • 3. (wehr-)dienstfähig und verwendungsfähig mit erheblichen Einschränkungen
  • 4. vorübergehend nicht (wehr-)dienstfähig
  • 5. nicht (wehr-)dienstfähig

Wer muss zur Musterung?

Die Pläne für den neuen Wehrdienst sehen vor, dass jeder junge Mann, der ab dem 1.1.2008 geboren wurde, gemustert werden soll. Alle 18-Jährigen sollen zuvor einen Fragebogen erhalten, auf dem sie Angaben zu ihrer Eignung und Motivation für den Dienst in der Bundeswehr machen müssen. Für Männer soll das Ausfüllen verpflichtend sein. Das bei den Meldebehörden eingetragene Geschlecht soll als maßgeblich gelten. Das bedeutet, dass auch Transpersonen, die das männliche Geschlecht angenommen haben, den Pflichten unterliegen würden.

Mithilfe der Musterung soll festgestellt werden, wer überhaupt wehrdienstfähig ist. Seit die Wehrerfassung parallel zum Aussetzen der Wehrpflicht faktisch abgeschafft wurde, gibt es kein entsprechendes Lagebild mehr. Der Wehrdienst selbst soll freiwillig bleiben. Das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung bleibt unangetastet.

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