Auch nach dem Streit von Trump und Musk dürfte die Allianz zwischen der Tech-Elite und der US-Regierung bestehen bleiben
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Auch nach dem Streit von Trump und Musk dürfte die Allianz zwischen der Tech-Elite und der US-Regierung bestehen bleiben.

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Gefangen in der Cloud: Die Trump-Tech-Allianz und Europa

Silicon Valley und Washington rücken zusammen – und Europa droht zum digitalen Vasall zu werden. Wie schützen wir uns davor, dass US-Technologie zum politischen Druckmittel wird?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Auch wenn es zwischen Elon Musk und Donald Trump gerade gekracht hat: Die Allianz zwischen Teilen der Tech-Elite des Silicon Valley und der US-Regierung dürfte weiterhin bestehen bleiben. Denn die Zusammenarbeit mit der Regierung macht einfach Sinn, zumindest aus Business-Perspektive.

Tech-Unternehmen wissen, dass eine feindlich gesinnte Regierung ihren Geschäften erheblich schaden kann. Gleichzeitig verspricht die neue Administration Deregulierung und weniger staatliche Eingriffe. Vor allem aber hat die Verflechtung der Tech-Welt mit der US-Regierung Konsequenzen für Europa. Denn in den vergangenen Monaten gab es immer wieder Signale aus dem Umfeld der US-Regierung, die Dominanz im Tech-Sektor auch als Druckmittel bei politischen Verhandlungen nutzen zu wollen.

Kontrolle über 70 Prozent des europäischen Cloud-Markts

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Zum Beispiel kontrollieren Microsoft, Google und Amazon etwa 70 Prozent des europäischen Cloud-Markts. In Deutschland arbeiten mehr ChatGPT-Entwickler als in jedem anderen Land außerhalb der USA. Doch ChatGPT läuft über Microsofts Cloud-Services, die im Zweifelsfall der amerikanischen Regierung unterstehen. Diese Abhängigkeit erstreckt sich weit über KI hinaus: Von der Bürosoftware bis zur Videokonferenz nutzen europäische Unternehmen täglich amerikanische Technologie.

Lange Zeit war die US-Dominanz bei digitaler Technologie für Europa vor allem ein wirtschaftliches Ärgernis. Jetzt, da diese Technologien zunehmend politisiert werden, wird daraus ein strategisches Risiko.

KI als Verhandlungsmasse

Der Unternehmer und Investor David Sacks, Technologieberater von Donald Trump und eine Schlüsselfigur in der neuen Tech-Politik-Allianz, formulierte das Ziel unverblümt: Die gesamte Welt soll sich um den amerikanischen "Tech-Stack" organisieren. Diese Vision schließt explizit Europa mit ein – inklusive Verteidigung und kritischer Infrastruktur.

🎧 Wie verändert KI unser Leben? Und welche KI-Programme sind in meinem Alltag wirklich wichtig? Antworten auf diese und weitere Fragen diskutieren Gregor Schmalzried, Marie Kilg und Fritz Espenlaub jede Woche in "Der KI-Podcast" – dem Podcast von BR24 und SWR.

Dass Technologie längst zur Verhandlungsmasse geworden ist, zeigte sich bereits im Ukraine-Krieg. Starlink-Satelliten wurden Teil von Verhandlungen über seltene Erden. Beobachter befürchten: Wenn künftig Zollverhandlungen oder andere Streitpunkte zwischen Europa und den USA anstehen, könnte der europäische Zugang zu KI-Diensten und Cloud-Infrastruktur plötzlich auf dem Verhandlungstisch landen.

Ausweg aus der Abhängigkeit

Europa hat die Warnzeichen erkannt. Aktuell läuft die Bewerbungsphase für fünf große KI-Gigafabriken, die europäische Alternativen zu den US-Rechenzentren schaffen sollen. Auch deutsche Standorte sind im Rennen. Amazon kündigt verstärkt europäische Server an – auch als Reaktion auf wachsende Sicherheitsbedenken ihrer Kunden.

Doch der Aufbau europäischer Alternativen braucht Zeit. Bis dahin müssen Unternehmen und Politik strategisch denken - und kreative Wege finden, ihre Verwundbarkeit gegenüber US-Technologie zu minimieren.

Modulare Lösungen statt Monopole

Für Unternehmen gibt es praktische Wege aus der Abhängigkeitsfalle. Statt alles auf einen Anbieter zu setzen, empfehlen Experten modulare Ansätze: Verschiedene KI-Modelle kombinieren, Open-Source-Lösungen für sensible Daten nutzen, lokale Infrastrukturen aufbauen. Anders als Facebook oder Google lassen sich KI-Modelle relativ einfach austauschen.

Die aktuelle Deutlichkeit amerikanischer Tech-Politiker könnte paradoxerweise Europas Rettung sein. Wenn die Karten offen auf dem Tisch liegen, wird die Dringlichkeit eigener Lösungen sichtbar. Der Zug ist noch nicht abgefahren – aber er fährt bald ab.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

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