Die Kulisse war definitiv beeindruckend. Leere und vor allen Dingen blutleere Ränge wie schon bei anderen Partien dieser Klub-WM gab es nicht, als die Boca Juniors gegen Benfica Lissabon in das neue Turnier starteten. Die argentinischen Fans bereiteten durch ihre eindrücklichen Dauergesänge der ersten Partie ihres Vereins am vergangenen Montag eine ganz besondere Bühne. Auf dem Platz antwortete die Mannschaft und zeigte, dass der FC Bayern bei seinem zweiten Gruppenspiel gegen Boca mächtig aufpassen muss – in vielerlei Hinsicht.
Boca gegen Benfica – ein intensiver Start in das Turnier
Einen Sonntagsspaziergang wie gegen Auckland City wird es für die Münchner nicht geben, das war schon nach wenigen Minuten klar. Boca spielt nicht unbedingt den ansehnlichsten, den taktisch versiertesten Fußball, doch sie kämpfen, sie beißen und sie wissen, wie man zum Tor kommt. Das zeigte sich nach 20 Minuten: Torwart Agustin Marchesin hatte den Ball nach vorne gedroschen und Carlos Palacios gefunden – dann ging es ganz schnell. Ablage auf Lautaro Blanco, der den Ball seinem Gegenspieler durch die Beine in Richtung Strafraum schob und dort Miguel Merentiel bediente, der zum 1:0 einschob – direkt vor der Kurve der Boca-Fans, die vor dem Spiel bereits Miami eingenommen und eine lange Party gefeiert hatten.
Klub-WM: Die historische Bedeutung für die Boca Juniors
Als Roberto Battaglia nur sechs Minuten später nach einer Ecke zum 2:0 traf, explodierten sie erst recht. Fans und Spieler zeigten in diesem Moment, dass dieses Turnier in Argentinien einen ganz anderen Stellenwert hat, als in den Augen vieler europäischer Fans und Mannschaften.
Der FC Bayern scheint sich immer noch schwerzutun, diese Klub-WM einzuordnen auf der Skala zwischen ambitionierter Sommervorbereitung und ernsthaftem Turnier. Boca tut sich da deutlich leichter. Noch immer spricht man von den Helden, die im Jahr 2000 gegen Real Madrid und 2003 gegen den AC Mailand den Weltpokal gewinnen konnten. Die Klub-WM als Nachfolgeturniert hat eine ähnliche Bedeutung.
FC Bayern: Bereit für die Herausforderung?
Dass sich der deutsche Rekordmeister in solchen Situationen sehr schwertut, beweist der DFB-Pokal. In den vergangenen fünf Jahren kamen die Münchner nur einmal über das Achtelfinale hinaus, stolperten etwa über Holstein Kiel oder den 1. FC Saarbrücken. Nun wartet mit Boca ein ganz anderes Kaliber. Boca ist nicht nur spielerisch gefährlich, auch physisch sind die Argentinier eine Wucht.
Hitzige Partie: Drei rote Karten und jede Menge Nickeligkeiten
Das bekam auch Benfica zu spüren. Die Mannschaft aus Lissabon tat sich schwer, in die Partie hineinzufinden, dem Ehrgeiz der Argentinier etwas entgegenzusetzen. Ein Elfmeterpfiff kurz vor der Pause brachte die Portugiesen wieder ins Spiel – und die Gemüter von Boca so richtig in Wallung. Ander Herrera konnte nur von der Security davon abgehalten werden, dem Schiedsrichter an die Gurgel zu gehen. Auf dem Platz wurde das ohnehin schon sehr körperliche Spiel so richtig ruppig. Fast jeder Zweikampf wurde an der Grenze zur Legalität geführt, fast jedes Tackling hatte das Potenzial, in einer Blessur zu resultieren.
Benfica ging die Intensität mit, agierte auch körperlich und sah ebenfalls rot. Kurz nachdem die Portugiesen das 2:2 (Endstand) erzielt hatten, brannten bei Bocas Nicolas Figal alle Sicherungen durch. Florentino führte einen Zweikampf an der Seitenauslinie, als Figal im Vollsprint dazu kam. Mit offener Sohle traf er die Wade des Benfica-Spielers, der unter Schmerzensschreien zu Boden ging und verletzt ausgewechselt werden musste.
Blick auf die kommende Saison: Verletzung riskieren?
Ob die Münchner auch bereit sein werden, eine solche Intensität mitzugehen? Im Zweifel für die Klub-WM eine Verletzung zu riskieren, den Saisonstart zu riskieren, im Kampf um die Stammplätze das Nachsehen zu haben oder einen möglichen Vereinswechsel zu gefährden – und das vor einer Saison, an deren Ende eine WM steht?
In den Köpfen der Boca-Spieler werden solche Gedanken keine Rolle spielen. Sie wollen gegen den großen FC Bayern gewinnen und die Chance wahren, sich hinter den Helden von 2000 und 2003 in die Vereinsgeschichte einzutragen. Darin gibt es übrigens noch eine offene Rechnung mit dem FC Bayern: 2001 stand Boca mit einer Mannschaft um Roman Riquelme ein Jahr nach dem Triumph gegen Real erneut im Finale des Weltpokals, diesmal gegen die Münchner. Es war ein ausgeglichenes Spiel, ehe Sammy Kuffour in der 109. Minute den 1:0-Siegtreffer erzielte. Doch zusätzliche Motivation scheinen diese Boca Juniors bei der Klub-WM nicht zu brauchen.
Zum Nachhören: Lockerer FCB-Auftaktsieg gegen Auckland City FC (16.6.2025)
Thomas Müller
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