Im Januar 2014 war alles klar: Robert Lewandowski, der mit Abstand begehrteste Spieler der Bundesliga, wechselte zum FC Bayern, zum Branchenkrösus, zum Flaggschiff des deutschen Fußballs. Der Wechsel nach München war keine Überraschung, es war der logische Weg, den schon so viele hochveranlagte Bundesliga-Spieler vor ihm gegangen waren.
Kapellmann, Basler, Neuer – alle Wege führten nach München
Von Jupp Kapellmann zu Lothar Matthäus, von Andi Brehme zu Stefan Effenberg, ob Mario Basler, Giovane Elber, Sebastian Deisler, Lúcio, Lukas Podolski, Mario Gomez, Luiz Gustavo, Manuel Neuer oder eben Lewandowski. Die Liste könnte viel länger sein - Quintessenz: Die besten Bundesliga-Spieler landeten irgendwann in München. Ausnahmen wie Bernd Schuster oder Günter Netzer bestätigten aber die Regel.
De Bruyne, Haaland, Brandt – jede Menge misslungene Flirts
Doch seit Lewandowski vor mehr als zehn Jahren an die Isar wechselte, sind diese Zeiten vorbei. Bei Kevin de Bruyne fanden die Münchner das Preisschild zu hoch. Bei Ousmane Dembélé war schnell klar, dass der FC Barcelona eine damals lächerlich hohe Summe von 135 Millionen Euro bezahlen würde.
Naby Keïta sagte dem FC Bayern ab und wechselte zum FC Liverpool, Luka Jović entschied sich ein Jahr später für Real Madrid, Julian Brandt gar für den Ligarivalen Borussia Dortmund. Um Erling Haaland warb man trotz riesigem Preisschild intensiv, versuchte laut Medienberichten in stundenlangen Treffen den Wunderstürmer nach München zu locken. Bei Jude Bellingham gab der FC Bayern schnell auf, Randal Kolo Muani wollte in die Heimat zu PSG.
Zwar verpflichteten die Münchner weiterhin Spieler aus der Bundesliga. Um aber an das oberste Regal zu gelangen, streckte sich der FC Bayern immer und immer wieder vergeblich. Denn das Ansehen von Bundesliga-Akteuren und deutschen Talenten ist auf dem globalen Markt gestiegen.
Der Wandel des Bundesliga-Transfermarkts
Generierten Bundesliga-Vereine im Transferfenster, in dem Lewandowski zum FC Bayern wechselte, mehr Einnahmen aus Transfers innerhalb der Bundesliga (ca. 104 Millionen Euro) als aus allen anderen Ligen weltweit zusammen (ca. 101,5 Millionen Euro), hatte sich dieses Verhältnis zehn Jahre später komplett verändert. Im vergangenen Sommer stammte die höchste Summe an Transfereinnahmen aus der Premier League (248 Millionen). Die Bundesliga stand nur noch auf Rang zwei (186 Millionen). Gelder aus anderen Ligen überstiegen die Einnahmen aus dem heimischen Transfermarkt um das 2,75-fache.
Die Bundesliga, einst oft ein Ort für Schnäppchenjäger, näherte sich im vergangenen Jahrzehnt mit den Preisvorstellungen den teuren Edelboutiquen in England und Spanien an. Und so gab sie seit 2014 nur in einer Saison am meisten Geld für einen Bundesliga-Spieler aus. Die Toptransfers kamen alle aus dem Ausland.
Die Talente träumen längst von Spanien
Und auch die Veränderung der Medienlandschaft macht dem FC Bayern zu schaffen. In einer Welt, in der deutsche Jugendspieler nicht mehr primär mit der Bundesliga im Fernsehen aufwachsen, sondern Premier League und Primera División längst Eingang in die kühnsten Kinderträume erlangt haben, hat der FC Bayern für viele den Status als Sehnsuchtsort verloren. Kai Havertz begründete seinen Wechsel zum FC Chelsea mit: "Bayern ist generell ein Riesenverein, zu dem man als deutscher Spieler schwer Nein sagen kann, aber mein persönliches Ziel war es immer, irgendwann im Ausland zu spielen."
Florian Wirtz – vom Königstransfer zum Reinfall
In diesem Sommer sollte sich das alles ändern. Mit Florian Wirtz wollte sich der FC Bayern endlich wieder einmal den gefragtesten Spieler der Bundesliga angeln. Für dieses Ziel kehrte Uli Hoeneß in die Rolle des Chefverhandlers zurück. Seit Jahren hatte Hoeneß an Florian Wirtz gebaggert, der sich von keinem Berater-Profi vertreten lässt, sondern durch seinen Vater, versuchte bei Wirtz in jungen Jahren den Wunsch zu wecken, irgendwann zum FC Bayern zu wechseln. Der horrend hohe Preis, der künftig in der Liste der höchsten Transferausgaben der Bundesliga-Geschichte auftauchen wird, sollte gegebenenfalls mit einem Kredit gedeckt werden. Und Florian Wirtz? Entschied sich für Liverpool.
Seit Freitag ist der Wechsel offiziell. Und der FC Bayern verlässt im elften Jahr in Folge im Kampf um die besten Spieler der Bundesliga-Vereine als Verlierer den Ring. Die hohen Summen für hochqualitative Neuzugänge werden die Münchner wohl auch in diesem Jahr im Ausland investieren.
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