Tom Koller sitzt am Steuer seines Traktors. Auf einem seiner Felder in der Nähe von Greilsberg im Landkreis Landshut sät er Winterweizen. Weizensorte, Aussaatzeitpunkt, später Düngemitteleinsatz und Pflanzenschutz – für alles bekommt er Vorschläge, die mit Künstlicher Intelligenz berechnet wurden. Koller ist der erste Landwirt, der das neue Programm "Smartfield" der Technischen Universität München testet.
So gut wie die besten Landwirte
Eine Gruppe um Malte von Bloh von der TU München hat Smartfield entwickelt. Im Wesentlichen analysiert das Programm eine Unmenge von Daten: Wetterdaten aus 20 Jahren, Bodentyp, Sorte – gesammelt von Landwirtschaftskammern und Landwirtschaftsämtern aus ganz Deutschland.
Von Bloh erklärt: "Damit wissen wir natürlich sehr, sehr viel über verschiedene Anbausysteme. Wir können daraus natürlich herleiten, wie sähe für einen bestimmten Standort die optimale Managementstrategie aus." Beim Test auf Versuchsfeldern der TU in der Nähe von Freising hat sich gezeigt: Die KI ist beim Ertrag so gut wie die besten fünf Prozent der Landwirte – und bei der Qualität an der Spitze.
Grenzen der KI
Tom Koller sät auf der Hälfte seines Feldes nach Vorgaben der KI, auf der anderen Hälfte so, wie er es für richtig hält: "Hinterher werden wir das auswerten. Und dann schauen wir, wer besser war." Die Qualität seines geernteten Weizens entscheidet über den Preis – ob auf einem Feld Brotqualität wächst oder Futtergetreide, kann tausende Euro Unterschied ausmachen. Dazu kommt: KI könnte dabei helfen, nachhaltiger und effizienter zu wirtschaften, etwa durch gezielten Einsatz von Düngemitteln oder Pflanzenschutz.
Es gibt allerdings noch Grenzen dafür, was KI kann. "Ich glaube nicht alles, was die KI sagt. Man muss das schon noch hinterfragen", meint Koller. Es kann zum Beispiel vorkommen, dass der Algorithmus ein ungeeignetes Pflanzenschutzmittel vorschlägt – die gesetzlichen Vorschriften für den Pflanzenschutz sind noch nicht ins Programm eingearbeitet. Und: Das aktuelle Wetter beurteilt im Moment noch der Landwirt am besten. Koller zum Beispiel findet, dass es zum von der KI errechneten Aussaatzeitpunkt für seinen Winterweizen noch zu trocken ist. KI bestimmt den Termin über das langjährige Mittel, Koller schaut auf die Wettervorhersage und sät, wenn die Saat bald Regen bekommt.
Direkter Draht vom Landwirt zur KI
Malte von Bloh möchte den Algorithmus mehr auf die Verhältnisse auf dem einzelnen Feld ausrichten. Er könnte sich vorstellen, dass Landwirte, wenn sie über ihre Äcker fahren, immer eine Kamera am Traktor haben, die etwa unerwünschte Pflanzen oder Schädlingsbefall erkennen könnte – die Daten gingen direkt an Smartfield, die KI könnte sofort maßgeschneiderte Lösungen vorschlagen.
Viel hängt jetzt davon ab, wie sich der Algorithmus auf dem Feld von Tom Koller schlägt – wenn er so gut ist, wie es die ersten Versuche nahe legen, könnten bald viele Landwirte von Künstlicher Intelligenz profitieren.
Zum Hören: Mit KI gegen Unkraut auf dem Allgäuer Acker
Acker (Symbolbild)
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