Lächelnde Männer stehen auf einem schlampig aussehenden Acker. Einer zeigt seine Hände, mit 40 großen Regenwürmer in der Hand.
Bildrechte: BR / Ursula Klement

Das freut die Landwirte: 40 große Regenwürmer von einem Quadratmeter Direktsaat-Acker

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Nachhaltiger Ackerbau dank Glyphosat?

Mehr Hochwasserschutz und Ertrag, dafür weniger Erosion, Diesel, Stickstoffdünger und Pflanzenschutzmittel – das sind die Vorteile der Direktsaat. Der Nachteil: Ohne Glyphosat funktioniert es nicht auf Dauer.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Nah dran am .

Direktsaat heißt: Weizen, Mais, Raps werden direkt in die Überreste der letzten Kultur gesät. Der Boden ist beim Säen also nicht blank, sondern bedeckt mit verrottenden Stängeln und Blättern. Die Methode hat etliche Vorzüge, auch im Hinblick auf den Klimawandel.

Effektiver Hochwasserschutz

Wie schnell versickert ein Jahrhundertregen auf dem Acker? Und wieviel wiegen die großen Regenwürmer, die in diesem Boden leben? Max Stadler aus Wolnzach war früher Ackerbauberater am Landwirtschaftsamt, jetzt macht er sogenannte Feldtage für die Gesellschaft für konservierende Bodenbearbeitung und versucht die Landwirte von den Vorteilen der Direktsaat zu überzeugen. Beim Feldtag im Mai in Leipheim im Landkreis Günzburg auf dem Betrieb von Hans Biedenbach zeigt sich: 80 Liter Regen auf den Quadratmeter versickern in seinem Direktsaat-Maisacker innerhalb von dreieinhalb Minuten. Optimaler Hochwasserschutz. Denn bei manchen herkömmlich bewirtschafteten Äckern ohne Direktsaat dauert das eineinhalb Stunden oder sogar noch länger.

Viele Würmer – viele senkrechte Wasserleitungen

Auf einem Quadratmeter Acker finden die Landwirte 40 große Tauwürmer, Durchschnittsgewicht fünf Gramm. Das macht zwei Tonnen Tauwurm pro Hektar. Landwirt Hans Biedenbach freut sich darüber: „Regenwürmer sind viel besser als jeder Pflug“ Gerade die großen Regenwürmer schaffen große Bodenporen, die das Wasser in die Tiefe leiten. Sie verbessern die Regenverdaulichkeit des Bodens. Und helfen gegen Verdichtungen. Äcker mit Direktsaat können den Regen besser aufnehmen und aufgrund der fast durchgehenden Bedeckung verdunstet viel weniger. Das ist unbestritten. Direktsaat ist ein sicheres Mittel, um Erosion durch Wasser und Wind zu verhindern.

Untersuchung zeigt: Weniger Umweltbelastung, mehr Ertrag

Außerdem braucht man viel weniger Diesel, weil nicht gepflügt und gehackt wird. Alles seit Jahren bekannt. Für eine Überraschung hat eine Bachelorarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf in den letzten Monaten gesorgt. Sie kommt zu dem Ergebnis: Direktsaatbetriebe brauchen 15 Prozent weniger Stickstoffdünger und sie setzen rund 50 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel ein. Die eingesetzten Pflanzenschutzmittel sind zudem weniger giftig für Mensch und Umwelt. Die Erträge steigen um rund fünf Prozent – mit Ausnahme vom Raps, da sinken sie leicht.

Sogar Naturschutzbund pro Direktsaat

Die nächste Überraschung: An dieser Arbeit war auch der Naturschutzbund NABU beteiligt. Max Meister vom NABU fasst zusammen: „Die konservierende Landwirtschaft ist ein vielversprechender Ansatz. Sie kann mit weniger mehr ernten.“

Der Ökolandbau bleibt das Leitbild für die Naturschützer, weil er auf mineralischen Stickstoffdünger verzichtet, einen hohen Viehbesatz verbietet, mehr fürs Tierwohl bringt und den Verbrauchern eine zertifizierte Sicherheit bietet, so Max Meister. Doch der Ökolandbau liegt bei gerade mal elf Prozent der Fläche und die Zuwachsraten sind niedrig. Deswegen brauche man auch gute Lösungen für die anderen knapp 90 Prozent der Fläche. Und da hat die Direktsaat auch für den NABU die Nase vorn. Wenn man nicht nur auf Glyphosat, sondern auch auf die Umweltbelastungen durch die anderen Pflanzenschutzmittel schaut, sei sie dem herkömmlichen Ackerbau überlegen. „Die Landwirte der konservierenden Landwirtschaft haben gezeigt, dass sie weniger einsetzen müssen, was ein großer Vorteil in unseren Augen ist.“

Ein Liter Glyphosat pro Hektar und Jahr reicht

Konservierende Landwirtschaft (englisch „Conservation Agriculture“) ist die Bezeichnung für Ackerbau mit Direktsaat. Das funktioniert aber nur, wenn man eine vielfältige Fruchtfolge einhält, also viele verschiedene Kulturen im Lauf der Jahre nacheinander auf einem Feld anbaut, nicht immer bloß Weizen oder Mais. „Statt eines Pflugs einfach ein Direktsägerät hinten hinhängen und fahren - das geht voll in die Hose. Also man braucht die Fruchtfolge“, so Ackerbauberater Max Stadler. Außerdem müssten die Böden immer mal wieder gekalkt werden, damit die Krümel stabil bleiben. Und der dritte Punkt, damit die Direktsaat klappt: Der Landwirt muss vor dem Säen ein Totalherbizid mit Glyphosat spritzen. Wenn man eine vielfältige Fruchtfolge einhalte, reiche aber eine Dosis von 1 Liter Glyphosat-Spritzmittel pro Hektar und Jahr, das sei nur ein Bruchteil von den Nord- und Südamerika üblichen Mengen.

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