Eine Frau ist beim Einkauf in einem Supermarkt zu sehen. Sie hält ein Glas mit Lebensmitteln in der einen Hand und ein Smartphone in der anderen. (Symbolbild)
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Beim Blick auf die Zutatenliste vieler verarbeiteter Lebensmittel stehen Kunden oft vor einem Rätsel.

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Zusatzstoffe in Lebensmitteln: Zu Unrecht in der Kritik?

Bei Zusatzstoffen in Lebensmitteln finden Kunden oft sogenannte E-Nummern auf der Verpackung. Hersteller verteidigen diese Praxis, Verbraucherschützer kritisieren sie. Wofür braucht es diese Nummern überhaupt und ginge es nicht einfacher?

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Beim Blick auf die Zutatenliste verarbeiteter Lebensmittel stehen Kunden oft vor einem Rätsel. Statt konkreter Namen werden Zusatzstoffe oft nur in Form von E-Nummern angegeben.

Unter einem Beitrag zu verstecktem Alkohol in Lebensmitteln fragte beispielsweise BR24-User "Historiker": "Warum immer diese Kürzel, unter denen sich ein Normalsterblicher/Nichtchemiker nichts vorstellen kann?" Und "miomeinmio" kommentierte: "Man muss die Lebensmittelindustrie endlich dazu zwingen, Inhaltsstoffe so zu deklarieren, dass auch der Ottonormalverbraucher ohne eingehendes Chemiestudium auf den ersten Blick erkennt, was in der Nahrung, die er zu kaufen gedenkt, drin ist!"

Aber warum werden Zusatzstoffe überhaupt verwendet? Und wann werden sie mit Klarnamen und wann als E-Nummer angegeben?

Was ist eine E-Nummer auf Lebensmitteln?

Zunächst: Das "E" in E-Nummer, steht für Europa. Es bedeutet, dass die Lebensmittelzusatzstoffe, die mit der Nummer codiert sind, von der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zugelassen sind. Hat ein Zusatzstoff eine E-Nummer erhalten, ist er zuvor also auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung geprüft worden, erklärt Daniela Krehl. Sie ist die stellvertretende Leiterin des Referats für Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Bayern.

Zusatzstoff ist nicht gleich Zutat

Aber was unterscheidet einen Zusatzstoff von einer Zutat? Und warum wird er überhaupt eingesetzt? Ein Zusatzstoff wird wegen seiner technologischen Wirkung verwendet. Das heißt, dass er die Eigenschaften von Lebensmitteln verbessert, erhält oder verändert. E330, also Zitronensäure beispielsweise, wird eingesetzt, um Lebensmittel sauer und länger haltbar zu machen. Der Hersteller muss auf der Verpackung kenntlich machen, wofür er den Stoff eingesetzt hat.

Verbraucherschützerin Krehl kritisiert, dass viele Zusatzstoffe den Verbrauchern damit eine Qualität vorgaukeln, die das Produkt gar nicht halte.

Hersteller sehen Vorteile bei E-Nummern

Ob der Hersteller Klarname oder E-Nummer nennt, bleibt ihm überlassen. Vom Lebensmittelverband heißt es, die Entscheidung für E-Nummern werde oft wegen Platzmangel auf der Verpackung getroffen. Die wissenschaftliche Leiterin dort, Julia Gelbert, sagt aber auch: "Genaue Bezeichnungen, die dem Verbraucher gut bekannt sind, wie Lecithine, werden meist einer E-Nummer vorgezogen." Anders verhält es sich mit Konservierungsmitteln wie Calciumdisodiumethylendiamintetraacetat, das aufgrund seines Namens fast ausschließlich als E385 bekannt ist.

Verbraucherschutz: Kunden honorieren Klarnamen

Verbraucherschützerin Krehl sagt, der Trend zu mehr Klarnamen sei der Nachfrage der Kunden zu verdanken: "Wir sehen, dass die Hersteller festgestellt haben, dass Lebensmittel mit sehr langen Zutatenlisten, insbesondere mit vielen E-Nummern, eher von den Verbraucherinnen abgelehnt werden."

Und eine zweite Entwicklung sei feststellbar, so Krehl: Um chemisch klingende Zusatzstoffe zu vermeiden, suchten die Hersteller immer häufiger nach echten Zutaten mit ähnlich technologischen Wirkungen. So werde Hefe-Extrakt eingesetzt, um Natriumglutamat (E621) als Geschmacksverstärker zu vermeiden. Gelbert vom Lebensmittelverband schränkt aber ein: "Die Möglichkeit, Zusatzstoffe durch nahezu identische Substanzen auszutauschen, ist sehr gering."

Zusatzstoffe zu Unrecht in der Kritik?

Und Gelbert betont die Vorteile von Zusatzstoffen. Der Kunde habe ganzjährig eine Auswahl von Lebensmitteln im Regal, die ohne Zusatzstoffe gar nicht herzustellen wäre. "Keine Margarine ohne Emulgator, kein lockerer Kuchenboden ohne Backpulver", sagt Gelbert. Auch zahnfreundliche Kaugummis wären ohne Süßstoffe undenkbar.

"Sie ermöglichen uns eine bessere Vorratshaltung und geben uns die Möglichkeit, eine gleichbleibende Qualität zu sichern", sagt Gelbert. Der Hersteller müsse zudem nachweisen, dass der Zusatzstoff in dem Lebensmittel einen Zweck erfülle. "Und dass etwas einfach nur billiger wird, das ist kein legitimer Zweck", so Gelbert weiter. Soll heißen: Um teurere Zutaten zu sparen, dürften Zusatzstoffe nicht eingesetzt werden. Zu guter Letzt, sagt Gelbert, würden nur Zusatzstoffe zugelassen, die gesundheitlich unbedenklich seien.

Verbraucherschützerin Krehl hält dagegen, dass einmal erteilte Zulassungen auch schon zurückgezogen wurden. Zuletzt im Jahr 2022 für den Farbstoff Titandioxid, weil eine erbgutschädigende Wirkung nach neuerer Studienlage nicht mehr ausgeschlossen werden konnte. "Das zeigt, dass der ein oder andere Zusatzstoff vielleicht doch nicht so ungefährlich oder unproblematisch ist, wie es sich anfangs dargestellt hat", sagt Krehl.

Datenbanken im Internet geben Aufschluss

Welche Stoffe sich hinter welchen E-Nummern verbergen, das lässt sich in Datenbanken im Internet herausfinden. Eine solche Datenbank ist über den Bundesverband Verbraucherinitiative abrufbar (externer Link).

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