Der Vorfall mit Drohnen über dem Münchner Flughafen zieht weitere Kreise: Wie die Bundeswehr dem BR entgegen vorheriger Auskünfte mitteilte, wurden am Donnerstagabend auch über einer Dienststelle am Standort Erding Drohnen gesichtet. An dem dortigen Bundeswehr-Gelände werden unbemannte Systeme entwickelt, auch Drohnen.
Drohnen auch über Bundeswehr-Standort in Erding
In einer zweiten Antwort auf eine BR-Anfrage zu Drohnenflügen über dem Bundeswehr-Standort in Erding korrigierte sich eine Sprecherin des für den Erdinger Standort zuständigen Operativen Führungskommandos der Bundeswehr. Die Sprecherin teilte mit, dass "nun neue Informationen vorliegen". Sie bestätigte damit einen Bericht der "Bild"-Zeitung, wonach über einer Dienststelle der Bundeswehr am Standort Erding gestern Drohnen gesichtet wurden. Zum Schutz von Ermittlungen und aus operativen Gründen könne nicht weiter ins Detail eingegangen werden.
Am Nachmittag hatte die Sprecherin zunächst mitgeteilt, Zitat: "Derzeit liegen dem Operativen Führungskommando der Bundeswehr keine Informationen über Drohnenüberflüge über einer militärischen Liegenschaft in Erding vor." Mit Details, etwa zu den genauen Typen oder Stückzahlen, hielt sich das Operative Führungskommando weiter zurück - zum Schutz von Ermittlungen und aus operativen Gründen, wie es hieß. Auch, ob es einen direkten Zusammenhang mit den Überflügen am Flughafen München gab, ließ die Sprecherin offen. Dort hatten mehrere unbemannte Flugobjekte den Flugbetrieb in der Nacht für einige Stunden lahmgelegt.
Drohnen behinderten Flugbetrieb am Flughafen München
Laut Bundes- und Landespolizei waren gegen 20.30 Uhr erste Hinweise zu Sichtungen aus Bereichen um den Flughafen eingegangen, darunter Freising und Erding. Die Landespolizei habe daraufhin umfangreiche Fahndungsmaßnahmen im Umfeld des Flughafens eingeleitet. Parallel dazu seien von der Bundespolizei auf dem Flughafengelände Überwachungs- und Fahndungsmaßnahmen durchgeführt worden. Kurz nach 22 Uhr kam es laut Polizei auch zu einer ersten Sichtung auf dem Flughafenareal.
Der Flugbetrieb wurde dann nach und nach eingestellt, ab 22.35 waren beide Start- und Landebahnen gesperrt. Bis zur Aufhebung der Sperrung gegen Mitternacht fielen 17 Flüge aus, fast 3.000 Passagiere seien betroffen gewesen. Zudem mussten 15 ankommende Flugzeuge zu anderen Flughäfen umgeleitet werden.
Drohnensichtungen über belgischem Militärstützpunkt
Auch im belgisch-deutschen Grenzgebiet sind in der Nacht zum Freitag mehrere Drohnen über einem Militärstützpunkt gesichtet worden. Die Drohnen hätten den grenznahen belgischen Armeestandort Elsenborn überflogen und seien dann weiter in Richtung Deutschland gezogen, gab das belgische Verteidigungsministerium bekannt. Einzelheiten wurden nicht genannt. Die Behörden leiteten Ermittlungen ein.
Mehrfach hatten Drohnen in der vergangenen Woche auch den Luftverkehr in Dänemark und Norwegen gestört und dabei für Verunsicherung und Chaos gesorgt. Über Schleswig-Holstein wurden vergangene Woche ebenfalls mutmaßliche Drohnen gesichtet, auch über kritischer Infrastruktur und militärischen Einrichtungen. Zwar wurden die Drohnen nicht identifiziert, doch vermuten mehrere europäische Regierungen Russland hinter den Vorfällen. Moskau bestreitet jede Verwicklung.
Dobrindt spricht von Wettlauf bei Anti-Drohnen-Kampf
Die Gefahr durch Drohnen werde größer - nicht nur durch eine höhere Zahl, sondern auch durch die Qualität der Geräte, sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) am Rande der zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Saarbrücken. "Wir befinden uns in einem Wettlauf zwischen Drohnenbedrohung und Drohnenabwehr. Den wollen und müssen wir gewinnen."
Der Innenminister kündigte an, schon bald einen Entwurf für ein neues Luftsicherheitsgesetz vorzulegen. Dadurch solle auch die Bundeswehr ermächtigt werden, die Polizei bei der Abwehr von Gefahren durch Drohnen im Zuge von Amtshilfe zu unterstützen. Es gelte jeweils zwischen einer konkreten Gefahr und Provokationsversuchen zu unterscheiden.
Neue Drohnenabwehreinheit der Bundespolizei
Bei der Bundespolizei wolle man eine neue Einheit aufbauen, die sich "ausschließlich mit der Drohnenabwehr der Zukunft beschäftigen wird". Angebunden sein sollen laut Dobrindt Entwicklungs- und Forschungsabteilungen, in enger Kooperation mit Partnern wie Israel und der Ukraine.
Im Inland soll zudem ein gemeinsames Drohnen-Abwehrzentrum von Bund und Ländern aufgebaut werden. Dort werde es um die Analyse von Gefahren, eine gemeinsame Kommunikation und die gemeinsame Absprache einer entsprechenden Reaktion gehen. Auch hier werde die Bundeswehr beteiligt, so Dobrindt.
Innenminister will mehr europäische Absprachen
Die Bundesregierung will bei dem Thema aber auch auf mehr europäische Zusammenarbeit setzen. Deshalb werde man sich beim Treffen der europäischen Innenminister am Wochenende in München explizit mit der Bedrohung durch Drohnen auseinandersetzen, erklärte der CSU-Politiker in einer Pressekonferenz. "Es geht darum, dass wir einen 'Drone Detection and Defense Plan' diskutieren." Dies werde gemeinsam mit Kommission und Ratspräsidentschaft vorbereitet.
Grünen-Chef Felix Banaszak warf Dobrindt Versäumnisse bei der Drohnenabwehr vor. "Es kann nicht sein, dass es momentan noch nicht einmal ein aktuelles Lagebild zu den bald täglichen Vorfällen mit Drohnen in Deutschland gibt", sagte er der "Rheinischen Post". Dobrindt müsse jetzt "alle Akteure an einen Tisch holen, um endlich klare und pragmatische Lösungen zum Umgang mit Drohnen zu finden und unsere kritische Infrastruktur wirksam zu schützen."
Mit Informationen von dpa, AFP und Reuters
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