13.06.2025, Israel, Tel Aviv: Israelische Feuerwehrleute inspizieren die Schäden nach einem Raketeneinschlag in Ramat Gan in der Nähe von Tel Aviv. Foto: Ilia Yefimovich/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Nahostkonflikt - Israel

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Israel vs. Iran: Droht jetzt ein großer Krieg?

Nach dem Angriff Israels auf den Iran ist die Lage in der Region äußerst angespannt. Der Iran hat mit mehreren massiven Angriffswellen reagiert, in deren Folge in Israel landesweit Luftalarm ausgelöst wurde. Droht nun ein Flächenbrand?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Der Iran hat Israel nach Angriffen auf seine Atomanlagen und wichtige militärische Ziele mit mehreren massiven Angriffswellen überzogen. Binnen weniger Stunden ertönte in der Nacht zu Samstag landesweit mehrfach Luftalarm, darunter in Jerusalem und in Tel Aviv. Eine Frau erlag ihren Verletzungen. Bereits bei den vorherigen Angriffswellen des Irans wurden laut Medien Dutzende Menschen in Israel verletzt.

Auch in der iranischen Hauptstadt Teheran war in der Nacht Berichten zufolge wieder die Luftabwehr aktiv. Augenzeugen und örtliche Medien meldeten Explosionen im Zentrum und Nordosten der Millionenstadt.

Ist dies der Beginn eines großen Krieges? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie begründet Israel den Großangriff?

Der israelische Staatspräsident Izchak Herzog begründet den Großangriff im Iran mit einer existenziellen Bedrohung des jüdischen Volkes. Es habe zuletzt Anzeichen gegeben, dass der Iran "erhebliche Fortschritte in Richtung nuklearer Fähigkeiten gemacht" habe, sagte Armeesprecher Effie Defrin. "Das iranische Regime galoppiert in Richtung einer Atombombe." Das Regime in Teheran hat in der Vergangenheit stets die zivilen Absichten seines Atomprogramms betont.

Dem schenkt man jedoch in Israel und auch in vielen anderen Ländern schon länger keinen Glauben mehr. Aus israelischen Sicherheitskreise hieß es, der Iran habe inzwischen genügend waffenfähiges Uran, um in wenigen Tagen mindestens 15 Atombomben zu bauen. Ob diese Angaben stimmen, lässt sich nicht überprüfen. Allerdings hatte zuletzt auch die Internationale Atomenergiebehörde IAEA gegenüber dem Iran die härtesten Töne seit Jahren angeschlagen. Eine Atomwaffe in den Händen des Regimes in Teheran, dessen Vertreter immer wieder angekündigt haben, Israel vernichten zu wollen, gilt dort als ultimative Bedrohung.

Warum kam der Angriff gerade jetzt?

Zur Entscheidung für den Angriff - über den schon seit mehr als einem Jahrzehnt lang diskutiert wird - zum jetzigen Zeitpunkt trug sicherlich auch die Schwächung der iranischen "Achse des Widerstands" bei. Nach mehr als 20 Monaten Gaza-Krieg ist die islamistische Hamas deutlich dezimiert, ebenso die libanesische Hisbollah. Syrien dient seit dem Umsturz nicht mehr als Korridor für Waffenlieferungen des Irans an die Hisbollah. Nach einem israelischen Angriff im vergangenen Jahr gilt zudem die Luftabwehr des Irans als beschädigt. 

Wie wirksam ist Israels Angriff?

Der Iran hat nach Angaben von Experten jahrelang daran gearbeitet, seine Atomanlagen gegen die Gefahr militärischer Angriffe zu schützen, was eine vollständige Zerstörung erschwere. "Die Art von Beton, die (die Iraner) verwenden, ist tatsächlich ein sehr spezieller, gehärteter Beton", sagte der Militäranalyst Cedric Leighton beim US-Fernsehsender CNN. Es sei unklar, ob israelische Bomben diese Art von Beton durchdringen könnten. "Die Israelis müssten eine Angriffswelle nach der anderen starten", erklärte er. Einige Atomanlagen befinden sich laut Experten zudem tief unter der Erde. Dafür brauche es spezielle Bomben.

Wie konnte Israel dem Iran so einen starken Schlag versetzen?

Der Angriff war laut Medien begleitet von einer Operation des Auslandsgeheimdienstes Mossad. Bei dem Angriff - vor allem auch bei der Tötung wichtiger iranischer Kommandeure - setzte Israel Berichten zufolge Geheimdienst-Kommandos tief im Inneren des Irans ein. Der großangelegte Schlag ist Berichten zufolge jahrelang vorbereitet worden.

Was ist der aktuelle Stand des iranischen Atomprogramms?

Seit Jahren unterhält der Iran ein Atomprogramm mit zwei Anlagen zur Urananreicherung und einem Kernkraftwerk in der Hafenstadt Buschehr. Das Land betreibt außerdem einen Forschungsreaktor nahe der Hauptstadt Teheran sowie weitere Anlagen im Zentrum des Landes.

Laut einem Bericht der IAEA verfügt Teheran bereits über fast 409 Kilogramm an Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent. Für Kernwaffen wird ein Reinheitsgrad von gut 90 Prozent benötigt.

Was wird aus den Atomverhandlungen zwischen Iran und USA?

Seit knapp zwei Monaten verhandeln Washington und Teheran über das iranische Atomprogramm. Zuletzt gerieten die Gespräche jedoch ins Stocken – Hintergrund sind erhebliche Meinungsunterschiede. Die USA fordern einen vollständigen Stopp der Urananreicherung, was Teheran als rote Linie betrachtet. 

Eigentlich war für Sonntag unter Vermittlung des Golfstaats Oman eine sechste Gesprächsrunde geplant. Diese ist mittlerweile abgesagt.

Droht ein Flächenbrand in Nahost? 

Der Iran bewertet den Angriff Israels als Kriegserklärung. Es besteht die Befürchtung, dass die Führung des Irans auch Vergeltungsschläge gegen US-Stützpunkte in der Region anordnen könnte. Die USA als Israels wichtigster Verbündeter hatten diese Woche aus Sicherheitsgründen ihr Botschaftspersonal im Irak reduziert.

In seinem Nachbarland Irak übt der Iran großen Einfluss aus, unter anderem über verbündete schiitische Milizen. Zudem verfügt die Regionalmacht über Raketen, die Israels Staatsgebiet erreichen können. Israel stellt sich auch darauf ein, dass Teherans Verbündeter im Jemen, die Huthi-Miliz, ihre Angriffe auf Israel noch verstärken könnte.

Mit Informationen von dpa

Im Video: ARD-Korrespondentin Katharina Willinger zur Lage im Iran

Die ARD-Korrespondentinnen in Tel Aviv und Istanbul zur Lage in Nahost
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Die ARD-Korrespondentinnen in Tel Aviv und Istanbul zur Lage in Nahost

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