Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) thematisiert selbst gleich zu Beginn seiner Rede, dass eine solche Häufung von Generaldebatten "ungewöhnlich" ist, aber angesichts der dramatischen Weltlage und der Größe der Herausforderungen "richtig und angemessen". Er wirkt dabei nicht sonderlich euphorisch. Generell ist zu merken, dass den Abgeordneten der Überfluss an Haushaltsdebatten eine Art Haushaltsüberdruss beschert.
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Die SPD hat daher zu einem Kniff gegriffen: Es sprechen bis auf den Fraktionschef und die Finanzexpertin der Fraktion lauter Abgeordnete der zweiten Reihe. Die Partei verspricht sich davon frischen Wind. Zugute kommt das etwa der Augsburger Abgeordneten Heike Heubach, die so zu ihrer ersten Rede in einer Generaldebatte kommt und darin engagiert für Inklusion und Zusammenhalt wirbt. Der Kanzler lauscht konzentriert.
Merz‘ Schlüsselbegriff: "Technologieoffenheit"
Bei seinem eigenen Auftritt zuvor wirkt der Kanzler hingegen recht uninspiriert. Statt ein konkretes Bild zu zeichnen, wie etwa ein "Herbst der Reformen", den er vor einer Woche angekündigt hatte, aussehen würde, zitiert sich Merz ausgiebig selbst, lobt den Beginn der Reformen etwa bei der Körperschaftssteuer oder der "grundlegenden Reform der Asylpolitik". Was ihm von Seiten der AfD-Fraktion höhnisches Gelächter einbringt. Merz aber lässt sich nicht ablenken.
Er hat – wie viele Kanzler vor ihm – in den Selbstverteidigungsmodus geschaltet: Wettbewerbsfähigkeit und Innovation sind seine zentralen Themen, Investitionen in Wohnungsbau und Verkehr, was aber "nicht über Nacht" gehe. Als Schlüsselbegriff für seine Regierung hat Merz "Technologieoffenheit" ausgerufen. Die FDP um Christian Lindner ist nicht mehr im Bundestag vertreten, um das Copyright für sich zu reklamieren.
In Deutschland, so fährt Merz fort, sei bekanntlich das Auto erfunden worden, das Land sei arm an Rohstoffen, daher sei der technologische Fortschritt eine Schlüsselfrage für die Zukunft und Deutschland müsse sich hier an die Spitze setzen. Schon jetzt sei "atemberaubend", was man hier in Deutschland sehe. Das wiederum klingt sehr nach Autosuggestion.
AfD: Merz hat sich mit dem Haushalt ein Denkmal gesetzt
In krassem Gegensatz dazu steht das Bild, das AfD-Chefin Alice Weidel von Deutschland zeichnet. Anders als vergangene Woche spricht Weidel in dieser Woche nach Merz, und sie hält sich nicht mit Höflichkeiten auf. Merz habe sich ein Denkmal gesetzt, er werde "als größter Bankrotteur der Bundesrepublik in die Geschichte eingehen", die Staatsfinanzen sieht die AfD-Vorsitzende durch den Haushalt "am Abgrund". Für Weidel ist das, was Merz macht, "extreme Politik".
Der Kanzler hört das alles nicht, er hat bereits zu Beginn von Weidels Rede seinen Platz auf der Regierungsbank verlassen. Es folgen noch Kritik an der SPD-Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, Ann-Katrin Kaufhold, und dann kommt – auch das ein gängiges Muster in Reden von AfD-Vorsitzenden – das Angebot an die Union, "sich von der Brandmauer zu befreien" und mit der AfD zusammenzuarbeiten. Da haben sich die Ränge im Bundestag schon deutlich geleert, lediglich bei der AfD klatscht man lange und ausdauernd Beifall für die Chefin.
Innenkanzler, Außenkanzler? Bundeskanzler
Die Grünen werfen in der Debatte eine ganz andere Frage auf: Ob der Kanzler am richtigen Ort weile. Zeitgleich mit der Haushaltswoche findet bei den Vereinten Nationen in New York nämlich die UN-Vollversammlung statt. Wo sehr kontroverse Themen wie etwa die Anerkennung Palästinas diskutiert werden. Friedrich Merz, so der Vorwurf von Britta Haßelmann (B90/Die Grünen), wäre mal lieber in New York gewesen, wo über das Völkerrecht, die Kriege der Welt, verhandelt werden – und wo Deutschlands Kanzler fehlte.
Ein Vorwurf, den Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) so nicht stehen lassen will: hätte Merz nicht im Bundestag, sondern im US-amerikanischen Ausland gesprochen, "was für ein Theater hätten Sie gemacht". Innenkanzler, Außenkanzler? Friedrich Merz scheinen diese Labels nicht viel zu bedeuten. Er hat in seinen letzten beiden Reden ohnehin die Trennung von Außenpolitik und Innenpolitik für sich selbst aufgehoben. Da macht es dann keinen Unterschied mehr, ob er Innen- oder Außenkanzler ist.
Im Video: Bundestag - Generaldebatte über Haushalt 2026
Im Bundestag wurde wieder heftig ums Geld gestritten. Am Mittwoch ging es um den Etat für 2026.
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