Archiv: Auf Lohn- und Gehaltsabrechnungen (Entgeltabrechnungen) liegen Euromünzen und Eurogeldscheine
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Gehaltsabrechnung

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Politisch war gestern – das 15-Euro-Mindestlohn-Dilemma der SPD

Anträge der Opposition im Bundestag bringen ein schwieriges Thema für die SPD zutage. Dabei ist nun klar: 15 Euro qua Gesetz wird es nicht geben. Obwohl eine Umfrage zeigt: Die große Mehrheit ist für die Anhebung.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Grüne und Linke im Bundestag beantragen, den Mindestlohn gesetzlich anzuheben von 12,82 auf 15 Euro. Die Untergrenze soll 60 Prozent des durchschnittlichen Bruttolohns betragen. Die Opposition stellt Anträge, umgesetzt werden sie mangels eigener Mehrheit im Parlament meist nicht. Dieser Antrag ist aber anders, weil er direkt an die SPD adressiert ist. Und sie mitten ins Herz trifft.

Die SPD will die 15 Euro. Sie hatte damit Wahlkampf gemacht. Am Tag bevor die Mitglieder um ihre Zustimmung zum Koalitionsvertrag gebeten wurden, versprach Parteichef Lars Klingbeil, dass die Erhöhung nächstes Jahr kommen wird. Friedrich Merz, zu diesem Zeitpunkt noch nicht Bundeskanzler und damit auf das Gutdünken der SPD-Mitglieder angewiesen, widersprach: Es gebe keinen Automatismus für die Erhöhung.

Der "erreichbare Mindestlohn" im Koalitionsvertrag

Hier zeigte sich der Graben zwischen SPD und Union. Die SPD kann sich auch vorstellen, den Mindestlohn politisch festzulegen. Die Union beharrt auf der Empfehlung der Mindestlohnkommission. Dass die Politik deren Vorschlag auch in den kommenden Jahren folgen soll, haben Union und SPD in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Mit der Ergänzung: "Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar." Bis Ende Juni soll die Entscheidung der Kommission vorliegen.

Die SPD muss Fingerspitzengefühl zeigen

Trotzdem bemüht sich vor allem die SPD am Freitag in der Bundestagsdebatte um Fingerspitzengefühl: 15 Euro Mindestlohn seien unbedingt nötig, aber nicht erzwungen auf politischem Wege. Bernd Rützel, Arbeitsmarktpolitiker für die SPD aus Mainfranken, wird von den Grünen gefragt, ob er nicht dafür stimme, den Mindestlohn gesetzlich festzulegen. Rützel bedankt sich ausgiebig bei der Grünen-Fraktion, man habe gemeinsam für die Anhebung gekämpft. Nun hofft er, dass "die Mindestlohnkommission einen Wert vorlegt, der an den Wert von 15 Euro herankommt". Das stärke die Binnenkonjunktur. Jeder Euro zusätzlich werde ja vor Ort ausgegeben. Von gesetzlicher Festlegung sagt er nichts.

Union gegen "politischen Mindestlohn"

Der CDU-Abgeordnete Wilfried Oellers spricht sich dagegen für die Senkung der Lohnnebenkosten aus. Und warnt vor einem "politischen Mindestlohn". "Wir haben die Weiterentwicklung ganz bewusst in die Hände der Tarifpartner gelegt", sagt Oellers. Die Politik sei "nicht der richtige Ort", über den Mindestlohn zu entscheiden und das solle so bleiben.

So funktioniert die Mindestlohnkommission

Seit der Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 mit 8,50 Euro pro Stunde ist eine Mindestlohnkommission dafür zuständig, die jährlichen Erhöhungen festzulegen. Sie setzt sich aus je drei Vertreterinnen und Vertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern, einer Vorsitzenden und zwei beratenden Wissenschaftlern zusammen. Die Kommission versucht damit, gegensätzliche Positionen zu einen. Zuletzt wurde sie dafür kritisiert, eine zu niedrige Erhöhung beschlossen zu haben und sich zu stark den Anforderungen der Arbeitgeber angepasst zu haben.

Grüne und Linke kritisieren die Kommission

Die Kritik bekräftigt die Grünen-Abgeordnete Ricarda Lang im Bundestag. Vor allem Frauen und Menschen in Ostdeutschland arbeiteten derzeit für den Mindestlohn. "Ein zu tiefer Mindestlohn vertieft die Gräben in unserem Land", sagt Lang. Von einem Armutslohn spricht der Linken-Abgeordnete Cem Ince: "Wir brauchen keine Mindestlohnkommission, wir brauchen einen armutsfesten Mindestlohn."

Der mittlere Bruttolohn wird miteinbezogen

In diesem Jahr wird die Mindestlohnkommission einen neuen Aspekt in ihre Entscheidung aufnehmen. Sie orientiert sich "im Rahmen einer Gesamtabwägung" weiter an der Tariflohnentwicklung, laut neuem Regelwerk aber auch am Referenzwert von 60 Prozent des mittleren Bruttolohns eines Vollzeitbeschäftigten. Das hatten die Gewerkschaften schon seit Jahren gefordert.

Kritik aus der AfD

Die AfD hält die Mindestlohnerhöhung für einen "Schlag gegen den Mittelstand, die Leistungsträger und die Kaufkraft unserer Bürger". Laut dem AfD-Abgeordneten Peter Bonhof sei seine Partei grundsätzlich für einen Mindestlohn, aber nur für einen "nicht politischen".

Große Mehrheit für 15 Euro Mindestlohn

Ein entsprechendes Bild ergibt auch eine Umfrage im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Bei den Unterstützern der AfD waren 45 Prozent für die Erhöhung, 53 Prozent dagegen. Am stärksten sprachen sich SPD-Anhänger mit 88 Prozent dafür aus, 86 Prozent der Grünen-Anhänger. Bei CDU und CSU sind es 55 Prozent. Insgesamt liegt die Zustimmung bei 66 Prozent, 32 Prozent halten einen Mindestlohn in Höhe von 15 Euro für falsch.

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