Anton Biebl und Hannah Cavendish-Palmer, in der Mitte das Heiligenbild auf einer Staffelei
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Anton Biebl, Leiter der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und Hannah Cavendish-Palmer, Nachfahrin von Ernst Magnus

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NS-Raubkunst: Freistaat gibt erstmals "Fluchtgut" zurück

Bisher war es für Erben von NS-Opfern schwer, sogenanntes "Fluchtgut" zurückzufordern. Doch es gibt ein Umdenken, die Staatsgemäldesammlungen restituierten nun erstmals ein Gemälde, das ein jüdischer Bankier im Schweizer Exil verkauft hatte.

Über dieses Thema berichtet: Kulturleben am .

Anton Biebl, Leiter der Staatsgemäldesammlungen hat in sein helles Büro mit Blick auf den Münchner Königsplatz geladen. Wichtigster Gast heute: Hannah Cavendish-Palmer, Urenkelin des jüdischen Hannoveraner Bankiers Ernst Magnus. Ihr wird heute das Gemälde "Heilige Anna selbdritt" übergeben. Es steht gerahmt auf einer Staffelei am Fenster, ist kaum größer als ein DIN-A4-Blatt und zeigt die Heilige Anna mit ihrer Tochter Maria und Jesuskind. Ein unbekannter Schüler Lucas Cranachs des Älteren malte es Anfang des 16. Jahrhunderts auf ein Stück Buchenholz. Die Rückgabe ist ein besonderer Moment für die 54-Jährige, die im Namen ihrer Mutter aus Seattle angereist ist.

"Heilige Anna selbdritt": 1941 im Schweizer Exil verkauft

Für sie sei es ein "wundervolles Gefühl", hier in München zu sein und das Bild in Empfang nehmen zu können. Schon 2009 hatte die Familie das Gemälde von den Staatsgemäldesammlungen zurückgefordert, doch damals verweigerte das Museum die Rückgabe. Denn Ernst Magnus hatte das Bild im Schweizer Exil verkauft, es galt nach damaliger Einschätzung somit nicht als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut. Hier gibt es nun ein Umdenken.

Neue Regeln erleichtern Fluchtgut-Restitution

Mit dem Start der neuen Schiedsgerichtsbarkeit, die künftig über NS-Raubkunstfälle entscheidet, gilt auch ein neuer Bewertungsrahmen. Der ermöglicht, dass auch Kunstwerke aus Verkäufen im sicheren Ausland restituiert werden können, wenn es einen engen Zusammenhang zur vorherigen Verfolgung gibt. Ernst Magnus musste Kunstwerke und Möbel verkaufen, um Lebensunterhalt und Weiterreise nach Kuba zu finanzieren. Für Anton Biebl ist die Rückgabe daher nun "ein sichtbares Zeichen für die Weiterentwicklung unserer Restitutionspraxis."

"Heilige Anna" war Teil der Sammlung Hermann Görings

Seit 1961 hatte die Heilige Anna offiziell dem Freistaat Bayern gehört. Es war Teil eines Konvoluts von rund 140 Kunstwerken, das die Staatsgemäldesammlungen aus der Sammlung von Nazi-Größe Hermann Göring geerbt hatten. Er hatte das Heiligenbild über seinen Kunsthändler Walter Andreas Hofer bei der Galerie Fischer in Luzern ankaufen lassen. Bis heute besitzen die Staatsgemäldesammlungen noch 81 Gemälde und eine Skulptur aus der Sammlung Göring. In den 1960er Jahren hatte das Museum rund 60 Gemälde, die man nicht für museumswürdig hielt, verkauft, darunter auch Werke, die heute möglicherweise als NS-Raubkunst bewertet würden.

Pflege-Finanzierung: Gemälde wird verkauft

Ernst Magnus, der einstige Besitzer der Heiligen Anna, emigrierte 1941 von der Schweiz nach Kuba, wo er wenige Monate später starb. Seine in den USA lebende Enkelin ist heute 75 Jahre alt – für ihre Tochter ist es daher umso wichtiger, dass sie diesen Moment zumindest aus der Ferne noch erleben kann, so Cavendish Palmer. Für ihre Mutter sei es nach wie vor sehr schwer, nach Deutschland zu kommen. Behalten wird die Mutter das Bild nicht, es soll im kommenden Jahr in New York versteigert werden, auch um ihre hohen Pflegekosten zu finanzieren. Die Familie rechnet mit einem Erlös im niedrigen 5-stelligen Bereich.

Am Ende ihres kurzen, emotionalen Statements bedankte sich Hannah Cavendish-Palmer bei den Staatsgemäldesammlungen – nicht ohne den Appell, sich weiter aktiv um Raubkunst-Rückgaben zu bemühen.

Im Video: Freistaat gibt erstmals "Fluchtgut" zurück

Freistaat gibt erstmals "Fluchtgut" zurück
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