Lange Zeit hatte OpenAI im KI-Rennen die Nase vorn. Aber mittlerweile hat die Konkurrenz nicht nur aufgeholt, sondern sogar zum Überholmanöver angesetzt. Für die Firma hinter ChatGPT bedeutet das: Die Schonzeit ist vorbei. Am 2. Dezember drückte CEO Sam Altman den Panikknopf, indem er bei OpenAI intern einen "Code Red" ausrief. Der Grund für die Alarmstimmung heißt Gemini 3 und stammt aus dem Hause Google.
Im November hat der Suchriese sein neues KI-Modell veröffentlicht, das sich im Gegensatz zu vorigen Versionen nicht mehr vor ChatGPT verstecken muss. Tests und User berichten, dass Gemini 3 in vielen Aufgabenfeldern sogar besser abschneidet als ChatGPT, etwa beim Programmieren und beim Schlussfolgern. Dabei ist es nicht nur deutlich schneller und energieeffizienter, sondern kann auch besonders mühelos zwischen Text-, Audio- und Videoformaten switchen.
Vor drei Jahren war es noch Google, das sich Sorgen machte
Vor nur drei Jahren sah die Gemengelage vollkommen anders aus. Nach dem Launch von ChatGPT im November 2022 war es Google, das intern eine "Code Red"-Memo herausgab. Das Management befürchtete damals, dass die Leute zukünftig lieber mit einem freundlichen KI-Bot chatten würden, anstatt ihre Anfrage in die klassische Suchleiste zu tippen. Bisher ist das Worst-Case-Szenario des Tech-Riesen aber nicht eingetreten: Laut dem Suchmaschinen-Experten Rand Fishkin erreichten Google im Jahr 2024 373-mal mehr Suchanfragen als ChatGPT.
Auch mit seinen Geschäftszahlen kann Google zufrieden sein. Der Mutterkonzern Alphabet nahm 2024 stolze 348 Milliarden US-Dollar ein, hauptsächlich durch profitable Geschäftsfelder wie Werbung und Clouddienste. KI-Modelle sind für Google nur eines von mehreren strategischen Investments, wenn auch ein sehr wichtiges. Dass Gemini nicht sofort Profit abwirft, ist also verkraftbar.
Google: Hardware-Vorsprung durch eigene Chips
Google hat noch ein weiteres Ass im Ärmel, nämlich eigene Hardware. Schon seit zehn Jahren arbeitet das Unternehmen an der Entwicklung seiner sogenannten TPU-Chips, die speziell für KI-Anwendungen optimiert sind. Damit will man sich mittelfristig vom Platzhirsch Nvidia unabhängig machen, der die KI-Chip-Branche momentan fast vollständig dominiert. Google erhofft sich davon nicht nur billigere Rechenpower, sondern will die Chips auch an andere Unternehmen verkaufen: Aktuell laufen milliardenschwere Verhandlungen mit dem Facebook-Mutterkonzern Meta.
Während Google also breit aufgestellt ist, hängt OpenAIs Erfolg noch hauptsächlich von KI-Sprachmodellen ab. Bisher ist es dem Unternehmen kaum gelungen, sich weitere Märkte zu erschließen. Der KI-Browser Atlas beispielsweise schlug nicht gerade wie eine Bombe ein, während Videogenerator Sora neben viel Hype auch für Copyright-Ärger sorgte. Ein Hardware-Gadget und eigene Rechenchips stecken noch in der Ankündigungsphase.
In Sachen Nutzerzahlen liegt ChatGPT nach wie vor vorn
Selbst ChatGPTs bahnbrechender Erfolg kann nichts daran ändern, dass OpenAI noch enorme Verluste schreibt. Zwölf Milliarden Dollar Schulden soll der KI-Pionier allein zwischen Juli und September 2025 angehäuft haben. Bis in die schwarzen Zahlen ist es noch ein weiter Weg: HSBC rechnet damit, dass OpenAI nicht vor 2030 Profite machen wird. Sollte ChatGPT in der Zwischenzeit von anderen KI-Modellen übertrumpft werden, könnten Investoren abspringen und bei OpenAI eine wirtschaftliche Abwärtsspirale auslösen.
Zumindest in Sachen Nutzerzahlen liegt OpenAI immer noch vorn. Im Juli 2025 hatte ChatGPT einen Marktanteil von über 80 Prozent. Auch die Anzahl monatlich aktiver Nutzerinnen und Nutzer steigt nach wie vor, im Oktober waren es 800 Millionen pro Woche. Gemini kann im Vergleich bisher nur 650 Millionen Nutzerinnen und Nutzer im Monat verzeichnen, obwohl das Unternehmen den Chatbot im Google-Ökosystem aggressiv pusht.
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