Jonathan Tah (Deutschland) und Josua Kimmich (Deutschland) bei der Nations League.
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Jonathan Tah (Deutschland) und Josua Kimmich (Deutschland) bei der Nations League.

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Überbelastung: Wie Fußballvereine Verletzungen verhindern wollen

Klub-WM, Nations League & Co.: Manche Spitzenfußballer kommen im Jahr auf über 80 Spiele. Experten und Spieler warnen vor zu hoher Belastung, die Verletzungszahlen steigen. Vereine betreiben daher großen Aufwand, um Spieler-Ausfällen vorzubeugen.

Über dieses Thema berichtet: BR24Sport am .

Am Dienstag ging der FC Bayern auf Reisen. Die Bundesligasaison war erst am 17. Mai zu Ende, danach ging es für die meisten Spieler zum Nationalmannschafts-Einsatz. Heute beginnt die Klub-WM in den USA. Bundestrainer Julian Nagelsmann nannte das Turnier eine "brutale Belastung" und die deutsche Spielergewerkschaft VDV legte Beschwerde bei der EU ein.

Seit Jahren klagen Profis über zu hohe Belastungen und die Münchner wissen, wohin der volle Terminkalender führt: Dayot Upamecano, Alphonso Davies, Manuel Neuer, Jamal Musiala, Kingsley Coman, Min-jae Kim - ein Stammspieler nach dem anderen musste in der heißen Phase der Saison verletzt passen. "So eine Serie von schweren Verletzungen habe ich noch nie erlebt", sagte Uli Hoeneß in "Blickpunkt Sport".

"Spielerbelastung ist am Anschlag"

Mit "Verletzungspech" hat das aber oft nicht mehr viel zu tun, sondern mit der hohen Belastung im Fußball, vor der Mediziner, Wissenschaftler und Spieler seit Jahren warnen. "Die Spielerbelastung ist wirklich am Anschlag", erklärt Dr. Florian Pfab, ehemals Mannschaftsarzt beim FC Bayern und nun, nach Stationen in Ingolstadt und Frankfurt, Medizinchef beim Premier-League-Verein Brighton Hove & Albion. Doch nicht nur der Terminkalender wird voller. Der Fußball wird immer schneller, Spieler legen auf dem Platz größere Distanzen zurück - in immer höherem Tempo. Und sie reisen andauernd. All das führt dazu, dass seit Jahren die Verletzungen steigen.

Kompany: "Beobachten alles bei unseren Spielern"

"Durch die kürzere Regeneration haben wir natürlich mehr Muskelverletzungen", sagt Physiotherapeut Christoph Sollors, der verschiedene Bundesliga-Profis und-Schiedsrichter betreut. "Sind wir nicht schnell genug, verändert sich die Statik der Muskulatur." Die Folge: "Muskelfaserrisse, Bündelrisse oder sogar Abrisse." Besonders wichtig sind objektive Tests, weil Profi-Fußballer äußerst ehrgeizig sind. "Wenn du einen Spieler fragst, ob er müde ist, wird er immer nein sagen. Es liegt in unserer Verantwortung, dass wir ihn dann schützen und rausnehmen", so Sollors.

Und so haben Fußballvereine eine ganze Batterie an Maßnahmen, um Verletzungen zu vermeiden. "Wir beobachten alles bei unseren Spielern. Die Ernährung, wie viel Zeit er auf dem Fußballplatz verbringt, wie viele Schüsse er noch nach dem Training abgibt", erklärte Vincent Kompany, Trainer des FC Bayern, nach den Verletzungen von Davies und Upamecano.

Die Suche nach Übermüdungsanzeichen

Und auch die medizinischen Abteilungen suchen akribisch nach Anzeichen, die eine mögliche Verletzung ankündigen können: "Wir müssen checken, ob die Statik passt. Das Becken, die Sprunggelenke, die Knie, LWS, BWS, HWS. Wenn es immer wieder Verschiebungen gibt, müssen wir uns den Kiefer anschauen", erklärt Sollors. Und Jan-Philipp Müller, Teamarzt des FC Bayern Campus, legt nach: "Es gibt laborchemische Tests. Wir schauen uns die Dehnwerte an, die Kraftwerte - wenn wir finden, dass das Risiko einer Verletzung zu hoch ist, nehmen wir den Spieler raus oder sagen, er kann keine 90 Minuten spielen."

Künstliche Intelligenz als Hoffnungsträger

Der frühere Mannschaftsarzt Pfab sieht die engmaschigen Tests der Fußballprofis aufgrund der vielen Spiele als zwingend notwendig: "Die Professionalität ist schon enorm zurzeit." Am Ende seien die Möglichkeiten allerdings nicht. Durch Künstliche Intelligenz erhofft er sich, noch genauer arbeiten zu können: "Noch mehr Datenmengen, Datenanalysen, noch präziser medizinisch unterwegs zu sein, das Training zu steuern. So viele Daten vernünftig und gezielt analysieren zu können, wird uns unglaubliche Möglichkeiten bieten." Neben immer größer werdenden Kadern ist die Trainingsteuerung wohl die einzige Maßnahme, die Fußballvereinen zur Verfügung steht, ihre Spieler vor Verletzungen zu schützen.

Einen entschlackten Terminplan wird es allzu schnell nicht geben. Eher im Gegenteil. Für die Spieler des FC Bayern steht nun nach der EM im vergangenen Sommer und der WM im kommenden Sommer nun die Klub-WM an. An eine lange Regeneration ist erstmal also nicht zu denken.

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