Blick der Raumsonde Solar Orbiter auf den Südpol der Sonne
Bildrechte: ESA & NASA/Solar Orbiter/EUI Team, D. Berghmans (ROB)

Wie der Südpol der Sonne aussieht, hat die ESA-Raumsonde Solar Orbiter erstmals aus dieser Perspektive in spektakulären Bildern festgehalten.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

ESA-Sonde Solar Orbiter: Erster Blick auf den Südpol der Sonne

Die ESA-Sonde Solar Orbiter zeigt den Südpol der Sonne erstmals aus spektakulärer Perspektive. Forschende erhoffen sich Erkenntnisse darüber, wie Sonnenwinde entstehen, die Polarlichter auslösen, aber auch Satelliten und Navigationsgeräte stören.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Die Welt am Abend am .

Bisher konnte man die Sonne nur aus der seitlichen Perspektive betrachten, denn Raumsonden bewegten sich, wie auch die Planeten unseres Sonnensystems, auf Höhe des Äquators der Sonne – also entlang einer flachen Ebene, ähnlich einem Schallplattenteller. Jetzt zeigen Aufnahmen die Sonne zum ersten Mal von unten, also den Südpol der Sonne.

ESA-Sonde Solar Orbiter ändert Flugbahn

Die Raumsonde Solar Orbiter, ein gemeinsames Projekt von ESA (externer Link) und NASA, hat dafür ihre Flugbahn geändert und nutzte den Schwung aus dem Vorbeiflug an der Venus zum Anflug in einem steileren Winkel. "Das ist so ein bisschen wie beim Billardspiel, dass man den Impuls der anderen Kugel mit verwendet, um eine neue Geschwindigkeit zu bekommen", erklärt Daniel Müller, Projektwissenschaftler der Solar Orbiter Mission bei der Europäischen Weltraumorganisation ESA.

Um die Pole der Sonne noch besser zu erkunden, soll die Raumsonde in einer immer steileren Flugbahn um die Sonne kreisen, das heißt, sich immer weiter vom Sonnenäquator wegbewegen. Die Aufnahmen, die jetzt zu sehen sind, entstanden aus einem Neigungswinkel von 15 bis 17 Grad. Im Jahr 2029 ist ein Beobachtungswinkel von 33 Grad geplant.

Aber schon jetzt sind die Bilder für Daniel Müller spektakulär, weil die Kameras erstmals ein Auflösungsvermögen auf der Sonnenoberfläche von rund 200 Kilometer haben. "Das ist so, als würde man die Umgebung einer sehr großen Stadt wie Los Angeles auf der Sonne sehen können."

Magnetfeld der Sonne polt sich etwa alle elf Jahre um

Die Sonne durchläuft gerade das Maximum ihres Aktivitätszyklus, der etwa elf Jahre dauert. Die Polarität des Sonnen-Magnetfeldes schlägt in dieser Zeit um. Solar Orbiter soll Daten liefern, die klären, was genau dabei passiert und welche Auswirkungen wir auf der Erde spüren würden.

Schon mit den jetzt gemachten Aufnahmen lasse sich erkennen, sagt Daniel Müller, "... wie die Sonne das Magnetfeld teilweise zerreißen lässt wie bei einem Gummiband, was man zu stark spannt und dass dadurch Energie ins Weltall freigesetzt wird. Große Wolken an Plasma fliegen teilweise in Richtung Erde". Sie lassen nicht nur Polarlichter am Himmel leuchten, sondern können auch Satelliten und Navigationsgeräte funktionsuntüchtig machen.

Folgen von Sonnenstürmen für die kritische Infrastruktur

Bei einem "koronalen Massenauswurf" lösen sich in einer Explosion auf der Sonnenoberfläche geladene Teilchen. Sie rasen als Sonnensturm durchs All und stören zum Beispiel Kommunikationssignale von GPS-Satelliten oder beschädigen Bauteile von Satelliten. Für Astronautinnen und Astronauten wäre die Strahlungsdosis bei einem Weltraumspaziergang lebensgefährlich.

Aber auch Stromnetze auf der Erde sind gefährdet. Sie können zusammenbrechen, wenn die stark magnetischen Sonnenteilchen auf sie einwirken. Der Astrophysiker Hardi Peter vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung gibt zu bedenken: "Solche Ereignisse würden heute ganz dramatische Schäden anrichten können auf der Erde und das heißt, man möchte natürlich gerne eine sichere Vorwarnzeit haben, die länger ist als einen Tag zum Beispiel, und dazu müssten wir besser verstehen, was tatsächlich auf der Sonne die koronalen Massenauswürfe initiiert, und dafür müssen wir diese sehr kleinen Strukturen identifizieren, die sie auslösen."

Wenn die Forschenden mit den Aufnahmen und Messungen der Raumsonde Solar Orbiter das Magnetfeld der Sonne besser verstehen lernen, können sie in Zukunft aussagekräftigere Vorhersagemodelle entwickeln, ob und wann ein Sonnensturm zur Gefahr wird. Das würde nicht nur Astronauten schützen, sondern auch die kritische Infrastruktur auf der Erde.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!