Produkte im Kühlregal mit Protestaufkleber
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In Edeka-Märkten in Würzburg werden zuletzt regelmäßig Müllermilch-Produkte beklebt.

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Edeka-Betreiber sauer: "Zerstörungswut von Weltverbesserern"

In zwei Edeka-Märkten in Würzburg werden zuletzt regelmäßig Müllermilch-Produkte mit Protest-Stickern beklebt und Zeitschriften vom rechten Rand zerstört. Der Inhaber wehrt sich nun gegen die "Zerstörungswut von Weltverbesserern", wie er sagt.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Christian Riedmayer ist Inhaber zweier Edeka-Märkte im Würzburger Stadtteil Frauenland. Am Kühlregal mit Milch, Joghurt, Milchreis und Ähnlichem muss er momentan ständig schauen, ob alles in Ordnung ist. Seit Kurzem habe er das Problem, dass politisch motiviert, bewusst und zielgerichtet Anti-AfD-Aufkleber auf Müllermilch-Produkte geklebt würden, erklärt Riedmayer. Diese beklebten Produkte seien unverkäuflich und müssten aus dem Kühlregal genommen werden. Das ärgert ihn.

Inhaber: "Infantiles Gehabe" von "Weltverbesserern"

Die Reaktion von Inhaber Riedmayer: Eine Erklärung auf großen Plakaten an der Eingangstür und links und rechts am Kühlregal. Darauf steht: "Verehrte Weltverbesserer und Demokratieretter, Ihre Zerstörungswut nimmt immer weiter zu. Dieses infantile Gehabe kann ich nicht länger dulden, da sie mein Eigentum zerstören."

Auch zwei Gänge weiter am Zeitschriftenregal werden momentan Zeitschriften beschädigt oder hinter anderen Publikationen versteckt. Das betrifft nach Riedmayers Aussage "Tichys Einblick" und das vom Verfassungsschutz beobachtete Magazin "Compact" – beide sympathisieren mit der AfD.

Campact-Kampagne gegen Müllermilch

Die Aktionen in den beiden Würzburger Edeka-Märkten gehen offenbar auf eine Kampagne von "Campact" zurück. Auf der Homepage des Vereins heißt es: "Ein AfD-Logo im Supermarkt? Mit unseren Aufklebern auf Müllermilch und Co. klärst Du direkt im Supermarkt auf: Wer zu Müller-Produkten greift, unterstützt einen Milliardär, der Rechtsextreme salonfähig machen will."

Der Verein fordert zudem auf: "Nimm die Sticker in den Supermarkt mit und klebe sie einfach auf Müller-Produkte im Kühlregal. Das Kleben von Stickern im Supermarkt ist erlaubt, solange die Produkte nicht beschädigt werden."

Kleben nicht strafbar, doch es droht Hausverbot

Mit dem Kleben dieser Sticker macht man sich zwar tatsächlich nicht strafbar, erklärt Dr. Jessica Flint, Anwältin in der Würzburger Kanzlei "Jun Legal". In der Rechtsordnung spreche man allerdings von einer "Besitz-Störung". Der Markt-Inhaber dürfe selbst entscheiden, was mit den Produkten passiert, die in seinem Supermarkt stehen, so Flint. Wenn der Supermarkt-Betreiber solche Kunden antreffe, die Kleber anbringen, dürfe er ein Hausverbot erteilen. Er könne sogar Schadenersatz verlangen.

Christian Riedmayer hat bislang in seinen Edeka-Märkten noch niemanden "in flagranti" beim Bekleben erwischt. Sein offener Brief, die Erklärung auf großen Plakaten am Kühlregal und am Eingang, zeige aber Wirkung: "Seit die hängen, wird weniger geklebt", sagt Riedmayer.

Markt-Inhaber erhält online Hass-Botschaften

Doch die Aktion hat Riedmayer auch reichlich Hass-Reaktionen beschert: In seinem Büro zeigt der Edeka-Markt-Inhaber am PC, was in den letzten Tagen in sozialen Medien so auf ihn einprasselt. Da wird er in einem Chat als "Nazi" bezeichnet, der "Nazi-Kram verkauft" und einmal wörtlich sogar als "Arschloch" beschimpft.

In einer queeren Würzburger Bubble schreibt ein User, er fühle sich als queerer junger Mann seit den Aushängen bei Edeka-Riedmayer dort nicht mehr sicher und unerwünscht.

Inhaber: Kundschaft soll selbst entscheiden, was sie kauft

Die Kundinnen und Kunden in den beiden Edeka Märkten reagieren unterschiedlich. Ein junger Mann sagt, er habe Verständnis für die Anti-AfD-Aufkleber. Man müsse zu solchen Maßnahmen greifen, um ein Zeichen gegen die AfD zu setzen. Auch eine junge Kundin sagt lächelnd am Kühlregal, sie verstehe die Leute, die da was draufkleben. Das dürfe aber nicht zum Schaden für den Marktbetreiber führen: "Man könnte es vielleicht anders lösen – den Protest."

Zwei ältere Kundinnen sagen übereinstimmend: Ein Protest gegen die AfD und Müllermilch mit Aufklebern – das gehe so nicht. Und eine der beiden meint am Ende, dass doch jeder selbst entscheiden könne, was man kaufen wolle und was nicht. Christian Riedmayer möchte die Müllermilch-Produkte und die beiden Zeitschriften auch weiterhin im Sortiment lassen. Auch er findet, dass seine Kundinnen und Kunden selbst entscheiden sollen, was sie kaufen und was nicht. "Dazu brauche ich in meinen Märkten keine Weltverbesserer und Demokratieretter", meint Riedmayer.

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