Dienstag, kurz nach neun Uhr in der "Academy" in München, so nennt das Münchner Familienunternehmen "Pony Club" die eigene Friseurschule. Azubi Emma Chalupar bereitet schon einmal ihr Werkzeug vor. Gleich kommt ihr Modell. Ihr darf sie heute Strähnchen färben. Die 18-Jährige ist im ersten Lehrjahr und freut sich, dass sie das schon so früh in ihrer Ausbildung machen darf. Dafür ist sie extra nach München gezogen.
Leben in München nur mit Unterstützung der Eltern möglich
Emma kommt eigentlich aus Landsberg. Dort hat sie schon eine Friseurausbildung angefangen. Sie wollte aber zu einem Ausbilder, der sie mehr fordert. Ihre Familie unterstützt sie in ihrem beruflichen Vorhaben. Sie freuen sich laut Emma, dass sie "so etwas Tolles" gefunden hat. Mit einem Ausbildungsgehalt im ersten Friseur-Lehrjahr von monatlich 682 Euro (brutto) [externer Link] und einer Durchschnittsmiete für ein WG-Zimmer in München von rund 800 Euro im Monat geht das aber nur mit finanzieller Unterstützung.
DGB-Studie: Gut jeder dritte Azubi bekommt Geld von zuhause
Emma ist nicht die Einzige unter den Auszubildenden, deren Eltern die Ausbildung möglich machen. Die DGB-Jugend hat bayerische Azubis befragt und gut jeder Dritte (34,2 Prozent) gab an, dass Eltern oder Bekannte finanziell unterstützen, etwa jeder fünfte erhielt Kindergeldzahlungen. Während der ersten Ausbildung sind Eltern für ihre Kinder unterhaltspflichtig und bekommen Kindergeld, bis diese 25 Jahre alt sind.
Viele Azubis sind zudem minderjährig und wohnen während der Ausbildung noch zuhause, heißt es in dem DGB-Report. Für manche ist das jedoch nicht möglich.
Familie und Freunde helfen bei der Bewerbung
Neben dem Finanziellen spielt schon bei der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz das soziale Umfeld eine große Rolle: Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dabei Hilfe von Freunden oder von der Familie bekommen zu haben.
Über ein Drittel fanden Praktika hilfreich bei der Ausbildungsplatzsuche. Dieses Konzept wendet auch "Pony Club"-Chefin Julia Hannappel an. Sie lädt Bewerber zu einem Praktikumstag ein. Vorab versucht sie aber bereits, bewusst Hürden zu senken, indem Bewerber direkt bei ihr anrufen.
Viele der Bewerber direkt über Telefonat mit Chefin
"Ich ratsch mit denen", erzählt sie. "Ich mach das so, dass sie gar nicht merken, dass sie eigentlich schon im ersten Teil des Bewerbungsprozesses sind." Diese Strategie ging für den Friseur und Ausbilder "Pony Club" in München auf. 197 Bewerbungen hatten sie für das im September gestartete Lehrjahr. Geschafft haben es neben Azubi Emma noch 15 weitere. Der Großteil von ihnen ist auch durch ein Telefonat mit der Chefin in der Ausbildung gelandet. Ein Modell, dass die DGB-Jugend in ihrem Report lobt, um weitere Hürden abzubauen.
Ausbildung darf kein Glück sein
Damit alle Azubis die gleichen Chancen auf eine Ausbildung wie die von Emma haben – egal ob sie durch ihre Eltern finanziell unterstützt werden können oder nicht – fordert die DGB-Jugend in ihrem Report unter anderem eine Erhöhung der Mindestvergütung während der Ausbildung sowie den Bau von mehr Azubi-Wohnheimen.
Gegen Mittag kann Emma zahlreiche Schichten von Folie – in die sie sorgsam bepinselte Haarsträhnen eingewickelt hat – vom Kopf der Kundin lösen. Nun werden die Haare gewaschen, massiert und geföhnt. Fertig sind Emmas Strähnchen.
Bayerns Azubis waren noch nie so unzufrieden
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!


