In der Diskussion über eine Rückkehr zur Wehrpflicht richtet CSU-Chef Markus Söder klare Worte an die Adresse des Berliner Koalitionspartners SPD. Die Bundeswehr müsse gestärkt werden – durch bessere Ausstattung, aber auch durch mehr Soldatinnen und Soldaten, sagte Söder nach einer CSU-Vorstandssitzung in München. "Es kann keine Denk-, Sprech- und Entscheidungsverbote geben über das Thema Wehrpflicht." Die CSU sei ganz klar für die Wehrpflicht, stellte Söder fest. "Wehrpflicht und Zivildienst sind die Zukunft." SPD-Fraktionschef Matthias Miersch hatte betont, über eine Wehrpflicht könne man frühestens in der "kommenden Legislaturperiode verhandeln, in dieser nicht".
Merz: "Zusätzliche Elemente einer Wehrpflicht"
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) geht davon aus, dass für eine Vergrößerung der Bundeswehr eine Wehrpflicht nötig werden könnte. "Wir werden wahrscheinlich mit der gegenwärtigen Freiwilligkeit alleine nicht hinkommen, sondern zusätzliche Elemente einer Wehrpflicht brauchen", sagte er beim Tag der Industrie in Berlin.
"Es war ein Fehler, wie wir spätestens heute wissen, die Wehrpflicht auszusetzen." Sie wieder so einzuführen, wie sie früher gewesen sei, werde "aus verschiedenen Gründen nicht gehen", betonte Merz. Wie eine neue Wehrpflicht aussehen könnte, erläuterte der CDU-Politiker nicht.
Koalitionsvertrag sieht "zunächst" Freiwilligkeit vor
Die Wehrpflicht war 2011 ausgesetzt, aber nicht abgeschafft worden. Das Grundgesetz sieht weiterhin vor, dass Männer zum "Dienst mit der Waffe" oder "einem Ersatzdienst" verpflichtet werden können. Die Regierungskoalition könnte die Wehrpflicht mit einfacher Mehrheit wieder einführen. Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD legt allerdings fest: "Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert." Dabei werde man sich am schwedischen Wehrdienstmodell orientieren.
In Schweden erhalten Männer und Frauen ab dem 18. Geburtstag einen Musterungsbescheid. Er enthält einen webbasierten Fragebogen. Darin erkundigt sich die Musterungsbehörde unter anderem nach Vorstrafen und der Motivation, dem Land als Soldatin oder Soldat zu dienen. Nur knapp jeder dritte Schwede wird anschließend gemustert, tatsächlich beim Militär landen dann fünf bis zehn Prozent eines Jahrgangs.
Söder: Fragebögen und Freiwilligkeit reichen nicht
Söder möchte trotz der Widerstände von Teilen der SPD möglichst schnell zurück zur allgemeinen Wehrpflicht. "Die Frage ist, welche Zeit haben wir?", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". Nicht Deutschland allein bestimme über den Zeitpunkt, sondern die internationale Lage.
Wenn es gelte, die Landes- und Nato-Grenzen zu verteidigen, "wird es wahrscheinlich nicht nur mit Fragebögen und Freiwilligkeit gehen". Sondern es werde eine Rückkehr zu Wehrpflicht und Zivildienst brauchen. "Beides zusammen war damals sehr gut."
Pistorius will "Teilverpflichtung" ermöglichen
Verteidigungsminister Boris Pistorius kündigte am Sonntagabend bei "Caren Miosga" im Ersten an, der Entwurf für ein neues Wehrdienstgesetz werde nach der Sommerpause beschlossen. Er verwies einerseits auf die Festlegung im Koalitionsvertrag, zunächst auf Freiwilligkeit zu setzen. Für den Fall, dass die Zahl der Freiwilligen nicht ausreichen sollte, soll das Gesetz aber bereits einen Mechanismus enthalten, der die "Teilverpflichtung von Teiljahrgängen" schnell ermöglichen würde.
Mehrere SPD-Politiker pochen aber auf grundsätzliche Freiwilligkeit. Der designierte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sagte in Berlin, eine Aktivierung der alten Wehrpflicht stehe für die SPD nicht zur Debatte. Es gebe auch eine klare Beschlusslage der Partei, "dass wir die nicht wollen". Zwar könne im Lauf der Legislaturperiode auch über "verpflichtende Elemente" diskutiert werden, zunächst gelte es aber, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Freiwilligkeit auszuprobieren.
Linke kündigt "erbitterten Widerstand an"
Linken-Chef Jan van Aken sagte in Berlin: "Diese Wehrpflicht darf nicht wieder eingeführt werden." Die schwarz-rote Koalition könne in dieser Frage mit "erbittertem Widersand der Linken rechnen". Seine Partei lehne "jede Art von Zwangsdienst" ab. Sollte die Regierung dies anstreben, müssten die jungen Menschen auch gefragt werden: "Dann muss es eine Volksbefragung von allen 16- bis 25-Jährigen hier in Deutschland geben, weil das ist ihr Leben, über das dann entschieden wird."
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!