24.06.2025, Sachsen, Leipzig: Jürgen Elsässer, Compact-Chefredakteur, und seine Ehefrau Stephanie Elsässer, kommen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig an.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Hendrik Schmidt

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat das Verbot des Magazins Compact für unzulässig erklärt.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Grundrecht der Meinungsfreiheit schützt "Compact" vor Verbot

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat das Verbot des Magazins "Compact" für unzulässig erklärt. Eine Niederlage für das Bundesinnenministerium. Vor einem knappen Jahr hatte es das Magazin und die dahinter stehenden Strukturen verboten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat einer Klage des Magazins "Compact" stattgegeben. Die zentrale Frage war, ob die von "Compact" veröffentlichten verfassungsfeindlichen Artikel prägend für das gesamte Magazin sind. Zwar gibt es dem Gericht zufolge Anhaltspunkte für eine Verletzung der Menschenwürde in einzelnen Texten. Im Eilverfahren schon hatte es aber Zweifel gegeben, ob die Textabschnitte so prägend seien, dass sie ein Verbot rechtfertigten.

Das Bundesinnenministerium hatte auf über 240 Seiten Belegstellen zusammengetragen. Darin tauchen Begriffe wie "Remigration" oder "Umvolkung" auf. Die Anwälte des Magazins wiesen die Vorwürfe als willkürlich zurück.

Worum geht es?

2021 stufte der Verfassungsschutz das "Compact"-Magazin als "gesichert rechtsextrem" ein. Das Magazin könne zur Destabilisierung Deutschlands beitragen, hieß im Verfassungsschutzbericht. Der Herausgeber des Magazins, Jürgen Elsässer, schrieb 2023, das Ziel des Magazins sei der Sturz des Systems. Zur Compact-GmbH gehören auch Online-Shops oder Youtube-Kanäle mit einer sehr viel größeren Reichweite als das Magazin selbst.

Die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erließ vor einem knappen Jahr, im Juli 2024, ein Verbot, worunter auch die 15 weiteren Organisationen der Compact GmbH fielen, darunter etwa der Online-Videokanal "Compact-TV".

Gegen das Verbot reichten die Unternehmen und einzelne Kläger beim Bundesverwaltungsgericht sowohl eine Klage als auch einen Eilantrag ein. Der Eilantrag hatte im August 2024 teilweise Erfolg. Das Magazin erschien weiterhin.

Was ist das "Compact"-Magazin?

Das seit 2010 monatlich erscheinende "Compact"-Magazin hat nach Angaben des Gerichts eine Auflage von 40.000 Exemplaren. Optisch sieht es Nachrichtenmagazinen wie Focus, Spiegel oder Stern ähnlich. Chefredakteur und Mitherausgeber ist Jürgen Elsässer, einer der großen Player der extremen Rechten.

Gegründet hatten das Magazin Elsässer, gemeinsam mit dem Publizisten und Herausgeber der Islamischen Zeitung, Andreas Abu Bakr Rieger, und dem Verleger Kai Homilius. Dieser hat auch einen Online-Shop für Nahrungsergänzungsmittel und Vitamine, die etwa im esoterischen Milieu zuweilen gegen diverse Krankheiten angeboten werden.

Rieger ist zwischenzeitlich ausgeschieden. "Compact" finanziert sich durch den Verkauf des Magazins, von Fan-Artikeln im Online-Shop oder durch Sommerfeste.

Rechtliche Hintergründe: Artikel 5 im Grundgesetz

Eine Besonderheit des Verfahrens ist, dass sich das Bundesinnenministerium bei dem Verbot auf Normen des Vereinsverbotes gestützt hatte. Unter bestimmten Voraussetzungen können die auch bei Unternehmen angewandt werden, wie gegen die hinter dem "Compact"-Magazin stehende GmbH. Allgemein ist das Verbot von Presseorganen nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich, da Artikel 5 des Grundgesetzes ein hohes Schutzgut für Presse- und Meinungsfreiheit ist.

Es gibt dem Gericht zufolge durchaus Anhaltspunkte für eine Verletzung der Menschenwürde in einzelnen Texten. So z.B. der Begriff der sog. "Remigration", den der österreichische Vordenker der Identitären Bewegung Martin Sellner geprägt hatte. Mit diesem hätte sich "Compact" identifiziert. Dabei handele es sich in den Artikeln nicht um einzelne Ausreißer.

Auch die Erklärungen in der mündlichen Verhandlung seien nicht glaubhaft gewesen, so die Richter. So sah das Gericht eine politische Agenda über die journalistischen Tätigkeiten hinaus als gegeben. Das zeigten Veranstaltungen und Kampagnen. Der Staat habe durchaus das Recht des präventiven Verfassungsschutzes – kann also eingreifen, bevor eine strafbare Handlung geschieht.

Doch in der Gesamtbeurteilung sah das Gericht das verfassungsmäßige Gut der Meinungs- und Pressefreiheit als so hoch an, dass auch "polemisch zugespitzte Machtkritik sowie die von der Klägerin bedienten Verschwörungstheorien und geschichtsrevisionistischen Betrachtungen" den Schutz des Art. 5 genießen.

DJV-Vorsitzender: Pressefreiheit darf "nicht mit Verfahrenstricks ausgehebelt" werden

Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei klar, dass das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit nicht mit Verfahrenstricks ausgehebelt werden dürfe, sagte der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Mika Beuster, nach Bekanntgabe des Urteils.

"Die Gerichtsentscheidung dürfe allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass "Compact" "in vielen Artikeln rechtsextreme und menschenfeindliche Inhalte verbreitet, die mit den journalistischen Standards nichts am Hut haben", so Beuster. Dagegen vorzugehen sei richtig und wichtig. "Das Verbot eines ganzen Magazins muss dennoch das letzte Mittel bleiben."

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat das Verbot des Magazins "Compact" für unzulässig erklärt.
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat das Verbot des Magazins "Compact" für unzulässig erklärt.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!