(Symbolbild) Eine Rakete wird abgeschossen. Wie stark ist der Iran militärisch noch?
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(Symbolbild) Wie stark ist der Iran militärisch noch?

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Wie stark ist der Iran militärisch noch?

Israel und Iran greifen sich gegenseitig unentwegt an. Welche Kapazitäten hat der Iran noch? Wie modern sind seine Waffen? Und wie groß ist sein Raketenarsenal? Experten sehen die Abwehrfähigkeiten geschwächt.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Seit Beginn der israelischen Angriffe am vergangenen Freitag wurden mehrere hochrangige Militärkommandanten Irans getötet, darunter Chameneis Hauptberater aus den Reihen der Revolutionsgarden. Zu den Getöteten zählen der oberste Kommandeur der Garden, Hossein Salami, der Leiter des Luft- und Raumfahrtprogramms, Amir Ali Hadschisadeh, der das ballistische Raketenprogramm des Iran führte, und Geheimdienstchef Mohammed Kassemi.

Befehlskette unterbrochen

Diese Männer waren integraler Bestandteil von Ajatollah Ali Chameneis innerem Kreis, der den Angaben zufolge aus etwa 15 bis 20 Beratern besteht. Der Verlust wichtiger militärischer Führungskräfte hat die Befehlskette innerhalb der Organisation unterbrochen, die seit Chameneis Aufstieg zum Obersten Führer im Jahr 1989 als zentral für seine Macht gilt.

Wie groß ist die iranische Armee?

Schätzungen zufolge verfügen die regulären iranischen Streitkräfte über etwa 350.000 Soldaten, während die Revolutionsgarde etwa über 190.000 Soldaten verfügt. Vor den Angriffen Israels wurde die Kapazität der iranischen Raketen vom US-Militär und verschiedenen Denkfabriken auf 2.000 bis 3.000 geschätzt. Mit jeder abgefeuerten und auch abgefangenen Rakete werden die Bestände aber weniger. Und Beobachter und auch das israelische Militär bemerken, dass der Iran von Tag zu Tag weniger Raketen abfeuert. Zudem habe Israel nach eigenen Angaben zwei Drittel der iranischen Raketen-Abschussrampen zerstört. Der Iran verfüge aber immer noch über 100 weitere Abschussanlagen, sagte ein Sprecher des israelischen Militärs am Donnerstag. Unabhängig überprüft werden kann das nicht.

Wie lange reichen die Raketen?

Das "Center for Strategic and International Studies", einer Denkfabrik aus Washington, glaubt, dass der Iran trotz eines geschätzten Bestands von 3.000 Raketen möglicherweise nur 1.000 verfügbare Waffen hat. Das bedeute, dass sich Teheran entscheiden müsse, wie es weiter vorgeht. Denn der Vorrat sei endlich.

So verfügt der Iran nach Einschätzungen des Friedensforschungsinstituts SIPRI in Stockholm nicht über die fortschrittlichsten Waffen. "Iran ist nicht in der Lage, in großem Umfang in neue moderne Waffen aus dem Ausland zu investieren", sagt SIPRI-Experte Pieter Wezeman dem ARD-Studio in Istanbul.

Irans Luftraum unter israelischer Kontrolle

Auch der Luftraum über dem Iran wird von Israel kontrolliert. Bei dem Angriff vor einer Woche schaltete Israel die Luftabwehr und zahlreiche iranische Raketensysteme gezielt aus. Die israelische Armee erklärte am Montag, man habe die "vollständige Luftüberlegenheit über Teheran".

Verschiedenste Berichte weisen darauf hin, dass Israel diese Operation über drei Jahre geplant haben soll. Um die Luftabwehr und die Raketensysteme Teherans zu Beginn des Angriffs in der vergangenen Woche zu schwächen, hätten Agenten des israelischen Geheimdiensts Mossad Präzisionswaffen für Angriffe aus nächster Nähe in den Iran geschmuggelt, sagten mehrere ranghohe Geheimdienstmitarbeiter der Nachrichtenagentur AP.

Wie steht es um Irans Atomprogramm?

Laut einem Bericht der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA verfügt Teheran bereits über fast 409 Kilogramm an Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent. Für Kernwaffen wird ein Reinheitsgrad von gut 90 Prozent benötigt. Die iranische Führung hat stets betont, nicht nach Atomwaffen zu streben.

US-Geheimdienstdirektorin Tulsi Gabbard hatte im März vor dem Kongress ausgesagt, die US-Geheimdienste sähen keine Hinweise auf iranische Arbeiten an einem nuklearen Sprengkopf. US-Präsident Donald Trump widersprach der Einschätzung seiner Expertin diese Woche: "Es ist mir egal, was sie gesagt hat. Ich denke, sie waren sehr nahe daran, eine zu haben."

Schwere Schäden an nuklearen Einrichtungen

Fest steht, die nuklearen Einrichtungen Irans wurden seit Beginn der israelischen Angriffe schwer beschädigt. Das betrifft vor allem das Herzstück von Irans Atomprogramm, die Atomanlage in Natanz. Bei der letzten Zählung waren dort etwa 13.500 Zentrifugen in Betrieb und reicherten Uran auf bis zu fünf Prozent an. Laut IAEA-Chef Rafael Grossi hat Israel die Strominfrastruktur in Natanz komplett zerstört. Durch den plötzlichen Stromverlust seien die Zentrifugen höchstwahrscheinlich schwer beschädigt oder sogar vollständig zerstört worden. Nach Angaben der Atombehörde vom Dienstag gibt es Hinweise auf direkte Einschläge in den unterirdischen Hallen in Natanz.

Keine sichtbaren Schäden gibt es laut Grossi an der tief in einem Berg verborgen liegenden Anreicherungsanlage Fordo. Im Nuklearkomplex in Isfahan wurden nach IAEA-Angaben bei den Angriffen vier Gebäude beschädigt. Laut der Atomenergiebehörde wurden auch zwei Anlagen zur Produktion von Zentrifugen in Karadsch und Teheran getroffen, die die IAEA zuvor überwacht hat.

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