Hier im Deutschen Bundestag steht er ganz vorne: Friedrich Merz. Der Kanzler ist sich sicher: "Deutschland ist wieder zurück auf der europäischen und internationalen Bühne." Der Ton ist gesetzt, der Fokus liegt auf der Außenpolitik. Merz reist nach Den Haag zum Nato-Gipfel, weiter nach Brüssel zum Europäischen Rat. Mit im Gepäck: Milliarden für die Verteidigung. Die rechtfertigt er in seiner Regierungserklärung im Bundestag.
Merz zu Aufrüstung: "Tun das nicht, um USA einen Gefallen zu tun"
Immer wieder spricht Merz von einer "neuen Wirklichkeit", einer "neuen Realität". Die Gegenwart sei geprägt von Krisen und Kriegen. "Wir können nicht damit rechnen, dass die Welt um uns herum bald wieder dauerhaft zu ruhigeren Zeiten zurückkehrt."
Die Neuausrichtung in der Verteidigungspolitik ist seine Antwort: Der Wehretat soll bis 2029 auf 153 Milliarden Euro steigen – das würde dem neuen Ziel der Nato entsprechen. Denn: Nicht nur Deutschland rüstet auf, auch die Nato will es tun. Im Raum stehen fünf Prozent der Wirtschaftsleistung der Mitgliedsstaaten: Die setzen sich aus zwei Komponenten zusammen: 3,5 Prozent sollen in reine Verteidigungsaufgaben, 1,5 Prozent in verteidigungsrelevante Aufgaben gesteckt werden.
In Den Haag wollen die Mitgliedsstaaten das Ziel für den Rüstungsetat beschließen – bisher lag es bei zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. "Wir tun das nicht - wie vereinzelt behauptet wird - um den USA und ihrem Präsidenten einen Gefallen zu tun. Wir tun das aus eigener Anschauung und Überzeugung. Weil Russland uns bedroht", so Merz.
Politik aus einer Position der Stärke
Politik aus einer Position der Stärke – das ist Merz Signal, das er senden will: nach außen und innen. Doch zuletzt wirkte die deutsche Bundesregierung von den aktuellen Ereignissen überrumpelt, schwach an der Seitenlinie.
Als die USA in den Iran-Israel-Konflikt eingriffen, erfuhr der Kanzler davon im Nachhinein. Und auch die "Außenpolitik aus einem Guss", die die Regierung angekündigt hatte, zeigt Risse: Außenminister Wadephul und der Kanzler – beide von der CDU – sprachen zuletzt nicht immer mit einer Stimme.
Im Bundestag nutzt die Opposition auch das für Kritik. Doch im Fokus: die hohen Ausgaben. Sören Pellmann (Linke) nennt die Aufrüstung "einen kompletten Irrsinn", Tino Chrupalla (AfD) spricht von einem "Schuldenkanzler".
Frauen fordern Gleichstellung in der Politik
Gegenwind erfährt Merz aber nicht nur im Parlament – auch ein Blick nach draußen, vor den Bundestag lohnt: Hier ragt ein riesiger Pappaufsteller mit dem bekannten und viel kritisierten Foto der CDU/CSU-Männerrunde während der Sondierungsrunde. Darauf zu sehen: unter anderem Friedrich Merz, CSU-Chef Markus Söder, Alexander Dobrindt, sowie Thorsten Frei und Carsten Linnemann. Eine Frau fehlt auf dem Foto, das Söder mit dem Text damals postete: "Wir sind bereit für einen Politikwechsel in Deutschland."
Auf dem Pappaufsteller sind die Männergesichter Gucklöcher, Frauen stecke ihre Köpfe durch: Eine Aktion der Initiative #ParitätJetzt und der Bundesstiftung Gleichstellung, die am Tag der Regierungserklärung ein Zeichen setzen will: für mehr Frauen im Parlament.
Mehrere Aktionen für mehr Parität
Denn der Bundestag ist männlicher geworden. Nur noch 32,4 Prozent der Abgeordneten sind Frauen – im letzten waren es noch 34,9. Besonders Union und AfD haben wenige Frauen in ihren Reihen. Die Initiative fordert ein Gesetz für echte Parität.
Saskia Esken, Noch-SPD-Chefin, unterstützt die Aktion im BR24-Interview: "Insgesamt werden Frauen härter beurteilt, die in Spitzenpositionen unterwegs sind, als Männer. Das gilt nicht nur in der Politik. Das gilt insgesamt. Und dagegen müssen wir gemeinsam vorgehen." Esken wird ab dem Wochenende kein Spitzenamt mehr innehaben.
Auch im Bayerischen Landtag sind nur 25,1 Prozent Frauen, in den Kommunen führen nur zehn Prozent Bürgermeisterinnen eine Gemeinde. Die Initiative Bavaria ruft! will das ändern.
Große Baustellen für Kanzler Merz
Sie alle machen auf eine große Frage aufmerksam: Wer sitzt am Verhandlungstisch, wie soll Politik künftig aufgestellt sein? Auch für Friedrich Merz wird es beim Nato-Gipfel genau um diese Fragen gehen: Wer sitzt beim Nato-Gipfel dabei, wie wird die gemeinsame Linie sein? All das macht deutlich: außen- wie innenpolitisch gibt es große Baustellen für den Kanzler und die neue Regierung.
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