Der Geschäftsklimaindex des ifo Instituts in München ist im Juni zum sechsten Mal in Folge gestiegen: Von 87,5 auf 88,4 Punkte. Dieser Anstieg spiegelt einen Aufschwung wider, den viele Menschen kaum wahrnehmen. Deshalb hat BR24 gemeinsam mit ARD Plusminus die wichtigsten Indikatoren zusammengetragen, die dafür sprechen, dass es wirklich einen Aufwärtstrend gibt.
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Positive Wirtschaftsindikatoren
Zwei Drittel der Deutschen glauben, dass die wirtschaftliche Lage bei uns schlecht ist. Das hat eine Umfrage des Eurobarometers [externer Link] im Mai ergeben. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, sieht die Situation jedoch ganz anders: "Die wirtschaftliche Realität heute in Deutschland ist deutlich besser als die Stimmung." Fratzscher sagt im ARD-Interview, dass die deutsche Wirtschaft unter einer "mentalen Depression" leidet, weil sie sich schlechter redet, als sie tatsächlich ist.
Und tatsächlich gibt es auch positive Meldungen aus der Wirtschaft: Zeitarbeiter finden wieder mehr Arbeit. Die Zahl der Baugenehmigungen ist gestiegen. Im Einzelhandel läuft es gut und im Tourismus wurden vergangenes Jahr so viele Übernachtungen wie noch nie gebucht. Es gibt statistisch mehr Unternehmensneugründungen als Geschäftsaufgaben. Der Euro wird stärker, die Inflation steht bei kerngesunden 2,1 Prozent. Der DAX ist seit Jahresbeginn um 20 Prozent gestiegen und Manager von fast 50 Top-Unternehmen wollen ihr Geschäft künftig in Deutschland ausbauen.
Blick auf die Frühindikatoren
All das zusammen spiegelt sich in einem der wichtigsten Wirtschafts-Indizes wider: dem Bruttoinlandsprodukt (BIP). In dieser Zahl ist alles zusammengefasst, was Deutschland in einem Jahr an Waren und Dienstleistungen erwirtschaftet. Im ersten Quartal 2025 stieg das BIP um 0,4 Prozent, doppelt so stark wie vorher geschätzt. Für das kommende Jahr prognostizieren die Wirtschaftsweisen ein Wachstum von etwa einem Prozent. Monika Schnitzer, eine der Wirtschaftsweisen, zeigt sich dazu optimistisch: "Für nächstes Jahr erwarten wir ein Wachstum von einem Prozent. Das sollte eigentlich Hoffnung geben."
Auch der Konsumklimaindex der Gesellschaft für Konsumforschung GfK zeigt einen Aufwärtstrend. Im Mai lag er bei minus 20,8 Punkten, was eine deutliche Verbesserung gegenüber dem historischen Tiefpunkt von minus 42,8 Punkten im Oktober 2022 ist.
BIP, GfK, ifo – all diese Indikatoren sind wichtig, da sie am Anfang des Wirtschaftskreislaufs stehen. Eine gute Auftragslage führt zu einer besseren Stimmung in den Unternehmen, mehr Beschäftigung und schließlich zu einer höheren Konsumbereitschaft der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Investitionen und Unternehmensinitiativen
Aber warum geht es überhaupt aufwärts? Ein entscheidender Faktor für die positive Entwicklung ist das milliardenschwere Finanzpaket der Bundesregierung. Die schwarz-rote Regierung hat mit 500 Milliarden Euro den größten Investitions-Booster in der Geschichte der Bundesrepublik auf den Weg gebracht. Diese Investitionen sollen in Infrastruktur und andere Bereiche fließen und allein die Aussicht darauf hat bereits einen positiven Effekt auf die Wirtschaft.
Aus dieser neuen Zuversicht könnte sich auch wieder mehr Eigeninitiative bei den Unternehmen entwickeln. Beispielsweise ist das Riesenthema KI sehr relevant für die Unternehmen, und Deutschland ist tatsächlich gut dabei. Beispielsweise bewirbt sich Bayern derzeit als Standort für eine "AI Gigafactory".
Aufbruchsstimmung und Herausforderungen
Natürlich bleiben dennoch Herausforderungen, wie der demografische Wandel und die Weltpolitik. Um die zu stemmen, braucht es vielerlei, sagt der Vodafone-Chef von Deutschland, Marcel de Groot, der als Holländer einen Blick von außen hat: "Wir brauchen weniger Bürokratie, wir brauchen weniger Steuern", sagt er im Interview. "Wir brauchen mehr Geschwindigkeit und wir brauchen vor allem mehr Mut, wir brauchen mehr Optimismus in Deutschland und wir brauchen mehr Risikobereitschaft."
Wirtschaftspsychologie gibt Tipps zur Verstetigung
Und auch die Wirtschaftspsychologie kann etwas beitragen: Jens Lönneker von der Marktforschungsagentur Rheingold Salon hat aus qualitativen Interviews Handlungsempfehlungen entwickelt [externer Link], um in Deutschland wieder mehr Optimismus aufkeimen zu lassen:
- Die Menschen müssen wieder mehr ins Gespräch kommen
- Sie brauchen gemeinsame Ziele
- Und deren Umsetzung muss ihnen Freude bereiten.
Wenn das gelingt und die positiven Indikatoren sich dank der Investitionen der Regierung verstetigen, dann könnte die Wirtschaft sich weiter erholen und wachsen.
Korrekturhinweis: In einer früheren Version des Artikels hatten wir über eine geplante AI Gigafactory geschrieben, die von mehreren großen Unternehmen vorangetrieben wird. Die Kooperation ist inzwischen geplatzt. Eine AI Factory dürfte es dennoch geben.
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