Unter Wasser sind die Beine einer Frau zu sehen, die auf einem Felsen stehen.
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Ein mehr als zwei Meter langer Wels hat am Brombachsee Badegäste angegriffen. Ein Polizist erschoss den Fisch. (Symbolbild)

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Nach Wels-Tod: Wer greift in wessen Lebensraum ein?

Ein Wels stirbt nach Schüssen der Polizei, weil der Fisch am Brombachsee Badegäste angegriffen hatte. Zahlreiche BR24-User äußern sich dazu. Wer greift in wessen Lebensraum ein? Und was hat zu den Angriffen geführt?

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

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Am großen Brombachsee im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen hat ein Polizist auf einen mehr als zwei Meter langen, rund 90 Kilogramm schweren Wels geschossen, der später durch zwei Angler geborgen wurde. Der Wels – regional wird er auch Waller genannt – hatte zuvor mindestens fünf Badegäste verletzt.

Toter Wels: Brombachsee "nicht auf rein menschliche Nutzung beschränkt"

In der Kommentarspalte bei BR24 diskutieren User über den Vorfall. Dabei geht es auch um die Frage, wer dabei nun in wessen Lebensraum eingedrungen sei. Während Nutzer wie "Xaver57" den Mensch als Eindringling in den Lebensraum des Fisches sehen, halten andere dagegen. So schreibt zum Beispiel "wende60": "Heimatlicher Lebensraum? Der Brombachsee ist ein Stausee, zur Naherholung angelegt (...)."

Der Brombachsee ist Teil des Fränkischen Seenlands und wurde von Menschen angelegt. Der Hauptgrund für die Errichtung des Seenlands und das Neuanlegen der Seen, wie dem Brombachsee, sei ein wasserwirtschaftlicher gewesen, so der Zweckverband Brombachsee auf seiner Website. Demnach wollte die Staatsregierung dem regenarmen Nordbayern etwa mehr Wasser zuführen und Tourismus in das bis dato strukturschwache Gebiet bringen.

Dennoch sei das Gewässer kein Gebiet, das auf die rein menschliche Nutzung beschränkt sei, so Dušan Palić, Lehrstuhlinhaber für Fischkrankheiten und Fischereibiologie der Ludwigs-Maximilians-Universität München (LMU) auf Anfrage. So würden viele künstliche Seen mehreren Zwecken dienen. Einer der wichtigsten sei der Schutz und die Erweiterung aquatischer Ökosysteme, einschließlich der Bewohner, die anfangs vielleicht nicht unbedingt geplant waren.

Wels-Attacken kämen selten, aber doch regelmäßig vor, so ein Sprecher des Landesfischereiverbands Bayern (LFV) zu BR24. In diesem Fall spielten ein kühles Frühjahr mit einer späten Laichzeit und der niedrige Wasserstand des Sees zusammen. "Die Welse suchen dann anstatt der Ufervegetation andere Strukturen zur Laich auf und beim Bewachen der Gelege versuchen sie Eindringlinge, als vermeintliche Laichräuber zu vertreiben."

Wie kam der Wels in den Brombachsee?

User diskutieren, wie der Wels denn in den künstlich angelegten See gekommen sei. "Blanel1" schreibt, dass es dazu verschiedene mögliche Wege gebe. So werde der Brombachsee etwa mit Wasser versorgt, das von der Altmühl, über den Altmühlsee und den kleinen Brombachsee zum großen Brombachsee geleitet würde. In diesen Gewässern kämen auch Welse vor.

Es sei durchaus möglich, dass der Fisch als Fischlarve oder Jungfisch über das Überleitungssystem im Brombachsee gelandet sei, so der LFV-Sprecher. Welse seien in der Vergangenheit auch sehr häufig, teils auf Empfehlung der Fachberatungen für Fischerei in Baggerseen und Stauseen, wie den Brombachsee, eingesetzt worden. Seit 1998 sei durch den Bewirtschafter allerdings kein Welsbesatz mehr vorgenommen worden. "In jedem Falle ist es aber wahrscheinlich, dass dieser Fisch im See aufgewachsen und nicht besetzt wurde."

Auf Facebook hebt ein User hervor, dass zu große Welse das Ökosystem zum Teil stören würden, weil sie keine natürlichen Fressfeinde hätten und ab einer bestimmten Größe in bestimmten Gewässern zum Beispiel ganze andere Fischbestände ausrotten könnten.

Dazu erklärt Palić, dass genau dies eine der Sorgen der Wissenschaft und auch der Angler in den letzten Jahren sei. Demnach breite sich der europäische Wels immer mehr in Gewässerökosystemen aus, die normalerweise nicht für größere Welspopulationen geeignet wären. So könne der Anstieg der durchschnittlichen Wassertemperaturen sowie die Verfügbarkeit von Beutetieren etwa zu einem erheblichen Rückgang der Fischbestände führen, bevor sich die Welspopulation dann aufgrund der begrenzten Beutebasis selbst dezimiere.

Hat laute Musik den Fisch gestört?

Für Kritik sorgt bei Usern die Tatsache, dass am Brombachsee zur Zeit der Vorfälle ein Musikfestival stattgefunden hat. So kommentiert etwa "Karl1972": "Vielleicht ist eine Musikveranstaltung mit Alkohol und Drogen zu den Badegästen einfach zu viel für so ein Tier?!" "Lajobay" schreibt, dass der "Lärm" zum Teil durchaus auch unter Wasser wahrnehmbar sei.

Vom LFV heißt es hierzu auf Anfrage, dass es eher nicht wahrscheinlich sei, dass der Wels sich an der Musik gestört hat und deshalb Badegäste gebissen habe. Der Grund für die Angriffe habe wohl eher darin gelegen, dass der Wels sein Gelege bewacht habe und Eindringlinge vertreiben wollte.

Wels verteidigt Nachwuchs: Hätte Polizei anders handeln müssen?

Dieser Punkt sorgt auch bei der BR24-Community für Diskussionen. So fragt etwa ein User auf Facebook: "Warum sperrt man nicht den Bereich ab, sondern killt den Fisch?" Bei BR24 schreibt "silurus": "Welse laichen im Juni und treiben Brutpflege. Der Kerl hat nur seinen Nachwuchs verteidigt." User argumentieren, dass es auch andere Wege gegeben hätte, um mit der Situation umzugehen. So schlägt etwa ein Nutzer auf Instagram vor, dass man Schilder hätte aufstellen können, die auf die Laichzeit hinweisen. Ein Facebook-User schreibt, man hätte den entsprechenden Bereich absperren sollen.

Zur Option mit den Schildern schreibt Dusan Palić von der LMU, dass das möglicherweise für zukünftige Vorfälle ähnlicher Art eine Option sein könnte. Allerdings würde diese Methode in der Regel dann umgesetzt, wenn Wasserökosysteme von gefährdeten oder bedrohten Arten genutzt würden. Der europäische Wels sei derzeit keine geschützte Art. Daher gebe es eigentlich keinen Grund für eine solche Maßnahme. Den Fisch fangen und an einem anderen Ort freizulassen, sei keine Option, so Palić. Umsiedlungen würden für Fische viel Stress bedeuten. "Es gibt eine Verordnung gegen solche Aktivitäten, die für das Angeln in Bayern gilt."

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