Der Andrang lässt es vermuten: Das Hotel Krone treibt die Oettinger um. Mehr als 600 Anmeldungen gab es für die Führungen durch das Hotel. Die finden statt, bevor die "Krone" am Wochenende offiziell eröffnet wird. Die Neugier ist auch deshalb groß, weil das 600 Jahre alte Gebäude direkt neben dem Rathaus zuletzt in einem schlechten Zustand war. Daniela Pantke, die an einer der Führungen teilnimmt, sagt: "Wenn dir vorne fast der Giebel entgegenkommt, tut das weh!"
Dachstuhl war einsturzgefährdet
Und das ist nicht übertrieben: 2017 wurde dem damaligen privaten Hotelbesitzer die Betriebserlaubnis entzogen. Der Grund: Der Dachstuhl des 600 Jahre alten Fachwerkbaus war instabil. Die Statik des Gebäudes war auch deshalb gefährdet, weil wohl in den 1970er Jahren für einen neuen Zuschnitt der Hotelzimmer Balken der Fachwerkkonstruktion an mehreren Stellen einfach durchgesägt wurden. Die Sanierung war für den Hotelbetreiber zu teuer. Damit steckte die Stadt Oettingen in einem Dilemma: Entweder auf Dauer ein mit Bauzäunen abgesperrtes Gebäude direkt neben dem Rathaus hinnehmen oder viele Millionen selbst in die Hand nehmen und das Hotel retten.
Die Stadt entschied sich für den Kauf und die Sanierung des Hotels. Fünf Jahre wurde gebaut. Jetzt sind das 600 Jahre alte Haupthaus, ein ebenfalls denkmalgeschützter Festsaal aus den 1920er Jahren und ein moderner Anbau fertig. "Die Erleichterung ist jetzt schon sehr groß! Das Projekt hat mich von Tag 1 meiner Bürgermeisterschaft begleitet und jetzt fühlt es sich fast ein bisschen komisch an, dass wir jetzt aufs Ende zugehen!", sagt Bürgermeister Thomas Heydecker (SPD).
Zehn Millionen zahlt die Stadt selbst, 20 Millionen sind Fördergelder
Diskutiert wurde in Oettingen viel über das Geld. Von den rund 30 Millionen Euro Baukosten sind jeweils zehn Millionen Euro Fördergelder von Bund und Freistaat im Rahmen der Städtebauförderung und des Denkmalschutzes. Bleiben für Oettingen selbst aber immer noch zehn Millionen Euro Eigenanteil. Zum Vergleich: Pro Jahr hat die Stadt ungefähr fünf Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen. Dafür bekommt Oettingen aber auch jetzt Pachteinnahmen vom neuen Hotelbetreiber – knapp sieben Millionen Euro in den kommenden 20 Jahren, so die Kalkulation.
Touristen sollen Einnahmen bringen
Hotels zu sanieren ist nicht gerade eine Pflichtaufgabe von Städten und Gemeinden. Bürgermeister Heydecker hofft aber auf mehr Besucher. Bisher sei ihm der touristische Aspekt zu kurz gekommen. Schließlich liege Oettingen im Unesco-Geopark Nördlinger Ries. Mehr Touristen würden auch den anderen Geschäften im Ort Einnahmen bringen, so Heydecker. Die Einheimischen würden vor allem von dem Festsaal profitieren – bei Hochzeiten und Feiern. Und das Hotelrestaurant stehe natürlich allen offen.
Wandmalereien hinter dem Putz aufgetaucht
Oettingen besitzt nun jedenfalls ein Vier-Sterne-Hotel mit Seltenheitswert: Moderner Komfort und Jahrhunderte alte Bausubstanz. Wie vor 600 Jahren sind die Zimmertüren oben rund. An den Türstöcken sieht man noch, wo an dem Fachwerk herumgesägt wurde: Alte, ausgedunkelte Balken neben noch etwas hellerem Holz, mit dem ausgebessert wurde. Im Restaurant sind hinter mehreren Putzschichten 600 Jahre alte Wandmalereien zum Vorschein gekommen. Und es gibt unter anderem eine 55 Quadratmeter große Suite. Das Besondere: Die Zimmer sind wieder genauso zugeschnitten wie vor 600 Jahren – schon damals war die "Krone" eine Herberge für hochrangige Gäste.
Historisch, gediegen teuer: Blick in eines der Hotelzimmer
"Es ist verdammt viel Geld"
Nach der Führung sind auch die Besucherinnen und Besucher von dem nigelnagelneuen Hotel beeindruckt. "Es ist echt toll geworden!", sagt Daniela Pantke. Ob es sich rentiert hat, dafür 30 Millionen Euro Steuergelder zu investieren? Da muss sie kurz überlegen: "Es ist verdammt viel Geld! Ich hoffe sehr, dass es sich rentiert. Aber ansonsten wäre das Gebäude verfallen und wir hätten ein Loch im Herzen von Oettingen gehabt."
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