Mehr Zeit für die Vorbereitung von spannenden Unterrichtsstunden und gleichzeitig besser korrigierte Tests mit nachhaltigem Feedback für die eigenen Schüler: Das wünschen sich viele Lehrer. Doch der Alltag bremst sie oft aus. Der Englischlehrer und KI-Podcast-Hörer Jan (Nachname ist der Redaktion bekannt) wollte nicht abwarten, bis die Kultusminister alle juristischen Fragen geklärt haben. Er hat eine pragmatische Lösung entwickelt.
Jan lässt die Arbeiten seiner Schüler von einer KI korrigieren.
Wem jetzt spontan ein Schrei der Empörung (oder Freude) über die Lippen kommt: Moment, ganz so banal ist es dann doch nicht.
Diese Vorteile hat die KI-Korrektur für Schüler
Natürlich lese er die Arbeiten seiner Schüler noch selbst, sagt Jan im KI-Podcast der ARD. Die KI generiere parallel dazu Feedback, das er anpasse. Auch die Punkte und Noten vergebe er selbst. Aber die KI unterstütze ihn dann, das Feedback erheblich verständlicher zu machen.
Die Jugendlichen erhielten zum Beispiel eine Zusammenfassung ihrer häufigsten Fehler zu definierten Kategorien wie Wortschaft, Textstruktur, Grammatik und Orthografie.
Beim ersten Test habe es ihm "den Kalk von den Synapsen gesprengt", erzählt er. Statt eines rot unterstrichenen Texts mit dutzenden Einzelkorrekturen liefere die KI pro Kategorie die typischen Fehler, in ganzen Sätzen erklärt.
Mehr Zeit für den Unterricht dank KI
Für Jan geht es nicht nur um das bessere Feedback an seine Schüler. Natürlich spare die KI-gestützte Korrektur auch Zeit. Die könne er jetzt wieder in die Vorbereitung des Unterrichts investieren. Vor lauter Konferenzen, Fachschaftsarbeiten, Elternabenden, Sonderaufgaben und Konzepten komme "Unterricht immer zu kurz."
Und: "Ich schäme mich nicht, das zu sagen, aber wenn ich Glück habe, bereite ich eine Stunde pro Woche vor." Der Lehrberuf brauche auch einen gewissen Anteil Muße, sagt Jan und meint damit: Zeit zum Nachdenken für kreative Unterrichtsideen.
So verlief das Training der Korrektur-KI
Bis seine KI perfekt funktionierte, habe er sie mehrere Monate getestet. Zunächst habe er die handgeschriebenen Arbeiten eingescannt – mit mäßigem Erfolg. Die KI sei mit linierten und karierten Blättern durcheinander gekommen, habe Wörter erfunden und Texte nicht verstanden.
Die Lösung: Seine Achtklässler schreiben die Arbeiten nun auf Tablets und tippen ihre Texte. Ein angenehmer Nebeneffekt: Die Texte seien spürbar strukturierter geworden, länger und qualitativ besser.
Ein Experiment mit rechtlichen Risiken
Ob die Schüler ihre Tests handschriftlich oder digital abliefern, ist ihnen überlassen. Etwa drei Jugendliche pro Klasse würden bei der traditionellen Methode bleiben.
Die Wahlfreiheit ist kalkuliert: Jans' Experiment ist rechtlich nicht ganz unproblematisch. Denn rein digitale Prüfungsformate könnten als pauschal unzulässig eingestuft werden. Dann könnten die Eltern die Zeugnisnoten anfechten. Zudem laufe derzeit auch die Debatte, ob Kinder erstens genauso gut lernen, wenn sie nicht mehr mit der Hand schreiben – und ob das Schreiben von Tests am Tablet sie zweitens gut genug auf die Abschlussprüfungen vorbereite, die wohl noch lange handschriftlich gehalten werden dürften.
"Ganz große Augen": Wie Schulleitung, Eltern und Schüler reagieren
Jan hat die Schulleitung und die Eltern vorab informiert. Die Schulleitung habe das Experiment ausdrücklich unterstützt, die Eltern seien einverstanden, die Kollegen bekämen "ganz, ganz große Augen" bei den Möglichkeiten. Inzwischen gebe er Workshops, in denen die Kolleginnen und Kollegen mit seinen Prompts und Beispielarbeiten selbst ausprobieren können, wie KI korrigiert und welche Stolpersteine es gibt.
KI-Revolution in der Schule: So könnte es weitergehen
Datenschutz, juristische und ethische Fragen: Noch ist offen, wie Schulen KI einsetzen sollen. Es gibt zwar Förderprogramme, Positionspapiere, Pilotprojekte, aber keine einheitliche Linie. Dennoch gehe es vergleichsweise schnell mit der KI-Revolution in den Schulen, sagt die Informatikerin Diana Knodel. Sie hat sich auf KI-Lösungen für Schulen spezialisiert. Während es in anderen EU-Staaten Verbote von höchsten Stellen gebe, sei man hier vergleichsweise offen.
Derzeit hängt es also an den Lehrerinnen und Lehrern, die wie Jan privat experimentieren, offen sind und ihre Ideen in die Schulen tragen. Jans Vision: Jede Schule mit einem eigenen, lokal betriebenen KI-Server im Keller, datenschutzkonform, speziell fürs Korrigieren trainiert. Eine standardisierte KI könnte dann auch helfen, Leistungsbewertung fairer und vergleichbarer zu machen.
In Jans Vorstellung ersetzt die Maschine nicht den Lehrer. Sie gibt ihm das zurück, was im System Schule am knappsten geworden ist: Zeit und Kopf frei für die Kinder.
🎧 Wie verändert KI unser Leben? Und welche KI-Programme sind in meinem Alltag wirklich wichtig? Antworten auf diese und weitere Fragen diskutieren Gregor Schmalzried, Marie Kilg und Fritz Espenlaub jede Woche in "Der KI-Podcast" – dem Podcast von BR24 und SWR.
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