Ein Rechtsanwalt unterschreibt einen Vertrag.
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Der BGH verbietet einseitige Kürzungen in fondsgebundenen Riester-Verträgen. Einige tausend Riester-Sparer könnten von dem Urteil profitieren.

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Urteil gegen Riesterrente: Verbessert sich mein Fonds-Vertrag?

Der Bundesgerichtshof (BGH) verbietet einseitige Kürzungen in fondsgebundenen Riester-Verträgen zu Lasten der Versicherten. Einige tausend Riester-Sparer könnten von dem Urteil wahrscheinlich profitieren.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Radio am .

Die Münchener Allianz Versicherung und andere Anbieter hatten bei einigen fondsgebundenen Riester-Verträgen nachträglich den Rentenfaktor geändert und damit die Auszahlung der späteren Altersversorgung verringert. Zu Unrecht, wie der Bundesgerichtshof entschied.

Der Rentenfaktor bestimmt, gemessen an einem fiktiven Sparguthaben von 10.000 Euro, wie viel pro Monat gezahlt wird. Wer einen Faktor zum Beispiel von 30,0 habe, bekommt in dem Fall genau 30,00 Euro aufs Konto. Wird der Faktor gesenkt, ist es entsprechend weniger bei der monatlichen Rente.

Wie kamen Allianz und Co auf die Idee mit der Rentenkürzung?

Als Begründung diente eine Vertragsklausel, wonach unvorhersehbare Ereignisse, wie etwa die Finanzkrise von 2008, zur Verringerung des Faktors führen können. Der BGH hält solche negativen Klauseln aber nur für rechtens, wenn sie sich nicht einseitig gegen die Versicherten richten.

Das heißt, dass im umgekehrten Fall, wenn die Situation sich verbessert - die Finanzmärkte erholen sich, Zinsen steigen wieder - die Versicherten auch daran positiv zu beteiligen sind. Nur dann wäre eine solche Klausel laut BGH auch rechtswirksam.

Um wie viele Riester-Verträge geht es bei der BGH-Entscheidung?

Eine genaue Zahl gibt es nicht. Man schätzt, dass nur jeder fünfte von mehr als 15 Millionen staatlich geförderten Riester-Verträgen eine fondsgebundene Rente beinhaltet, doch auch das wären rund 300.000. Wie viele davon allerdings die umstrittenen Kürzungs-Klauseln beim Rentenfaktor enthalten, ist unbekannt.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt eine Statistik zur Förderung der privaten Altersvorsorge mit der Riester-Rente. Darin waren Ende 2024 genau 306.000 Fonds-Sparer enthalten. Dabei kann es sich allerdings auch um ruhende Verträge handeln, für die nichts mehr eingezahlt wird.

Das Ministerium weist aber auch darauf hin, dass es zusätzlich noch viele Riester-Verträge gibt, für die keine staatliche Förderung möglich ist. Sparer hätten oft mehrere Verträge hintereinander und nebeneinander abgeschlossen, sodass es keinen genauen Überblick gibt.

Wie stelle ich als Riester-Fonds-Sparer fest, ob ich betroffen bin?

In der Regel bleibt der Rentenfaktor bei der privaten Altersvorsorge unverändert, weil er eine der wichtigsten Vertragsgrundlagen ist, ohne die man eine solche Versicherung eigentlich nicht vernünftig abschließen kann. Deshalb dürfen Versicherer nur selten etwas daran ändern und müssen das den Versicherten auch auf jeden Fall schriftlich und persönlich mitteilen.

Wer also kein solches Schreiben erhalten hat, dass sich an der Höhe der Auszahlung wegen einer Änderung des Rentenfaktors etwas ändert, wäre damit schon auf der sicheren Seite.

Wer es für möglich hält, dass ein solcher Brief irgendwann mal gekommen ist und in Vergessenheit geriet, kann einfache Rücksprache mit der Versicherung nehmen. Die Frage am Telefon oder in der Mail wäre: Hat sich bei meinem Vertrag irgendwann der Rentenfaktor geändert? Und wenn ja: mit welcher Begründung?

Eine solche Begründung muss man möglicherweise nach dem jüngsten BGH-Urteil dann nicht mehr akzeptieren und kann unter Berufung auf die Gerichtsentscheidung jetzt verlangen, dass die Versicherung zum ursprünglichen, höheren Rentenfaktor auszuzahlen ist.

Kürzungen des Rentenfaktors auch in anderen Verträgen oft unzulässig

Wenn der Versicherer den Rentenfaktor im laufenden Vertrag ändert, sollte man auf jeden Fall hellhörig werden. Denn auch in zahlreichen anderen Fällen stellte sich später vor Gericht heraus, dass die Kürzung der Versicherungsleistung nicht gerechtfertigt war. Im Einzelfall lohnt es sich immer, erst einmal eine kostenlose Information bei den Verbraucherzentralen anzufragen, um notfalls rechtlich dagegen vorzugehen.

Gibt es tatsächlich unverbindliche Rentenfaktoren in neueren Verträgen?

In Altverträgen war früher häufig von einem "garantierten" Rentenfaktor bis zum Ende der Laufzeit und Auszahlung die Rede, an dem sich nichts ändern lässt. Bei neueren Verträgen, insbesondere bei flexibleren fondsgebundenen Versicherungen, ist dagegen häufig von einem unverbindlichen oder "aktuellen" Rentenfaktor die Rede, der sich unter bestimmten Umständen ändern könne.

Diese Klauseln enthalten aber oft auch rechtliche Fehler im Sinne des Verbraucherschutzes, ähnlich wie die vor dem BGH verhandelten Riester-Verträge. Deshalb sollten Versicherte beim Thema Rentenfaktor immer wachsam sein.

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